Der weltgrößte Rückversicherer Münchener Rück will an seiner zuletzt hoch defizitären Erstversicherungs-Gruppe Ergo festhalten. Deren Ertragsschwäche sei ausschließlich auf die Krise an den Aktienmärkten zurückzuführen, sagte Münchener Rück-Chef Hans-Jürgen Schinzler am Mittwoch auf der Hauptversammlung in München. "Das kann kein Argument sein, unsere langfristig ausgerichtete Strategie zu ändern." Dagegen stellte er in Aussicht, die Beteiligung an der HypoVereinsbank (HVB) zu verringern.
Die Münchener Rück hat in den vergangenen vier Quartalen Verluste gemacht. "Das Geschäftsjahr 2002 hat unsere Erwartungen nicht erfüllt", sagte Schinzler. Im operativen Geschäft sei er vom Ergebnis der Rückversicherung enttäuscht. Auch für 2003 zeigte er sich nur verhalten optimistisch. Es seien immer noch "Nachlaufbelastungen" aus der Börsenschwäche zu verarbeiten. "Auf der anderen Seite sollte aus derzeitiger Sicht das versicherungstechnische Geschäft in allen Tätigkeitsbereichen sehr befriedigend verlaufen."
Zuletzt Spekulationen um die Trennung von Ergo
Zuletzt hatte es Spekulationen gegeben, die Münchener Rück könne sich von Ergo (Hamburg-Mannheimer, Victoria) trennen. Die Erstversicherer des Konzerns hatten 2002 wegen der Börsenschwäche fast eine Milliarde Euro Verlust gemacht. Die Entscheidung, ein zweites Standbein aufzubauen, sei weiterhin richtig, sagte Schinzler. "Es wäre völlig falsch, aus einer einmaligen Situation heraus zu sagen: Das verkaufen wir jetzt."
HVB-Beteiligung nicht unantastbar
Schinzler deutete dagegen erneut eine Reduzierung der Beteiligung an der HypoVereinsbank an. "Ich kann mir durchaus vorstellen, dass die erfolgreiche Kooperation von ERGO und HVB auch durch eine geringere Beteiligungsquote unterlegt werden könnte", sagte er. Daher sei die derzeitige Beteiligung von knapp 26 Prozent nicht sakrosankt. Allerdings sei der HypoVereinsbank-Aktienkurs derzeit für einen Verkauf zu niedrig.
Die Aktionäre bemängelten strategische Entscheidungen des Vorstands. So habe sich der Einstieg in den US- Markt als kostspieliges Abenteuer erwiesen. Auch sei angesichts der Probleme bei der HVB zu lange tatenlos zugeschaut worden.
Personalkarussell dreht sich
Für Schinzler war es die letzte Hauptversammlung als Vorstandschef. Im Herbst kommen zwei neue Vorstandsmitglieder an Bord. Georg Daschner werde zum 1. Oktober die Nachfolge Nikolaus von Bomhards antreten, der neuer Konzernchef wird. Daschner wird wie bisher Bomhard für einen Teil des internationalen Geschäfts verantwortlich sein.
Den Vorstand auf eigenen Wunsch verlassen wird Clement Booth, der unter anderem für spezielle finanzielle Risiken zuständig ist. Sein Nachfolger in dieser Funktion wird als neues Vorstandsmitglied Torsten Jeworrek, der dann auch die Informationstechnologie verantwortet. Die Unternehmensplanung, die bisher in Booths Ressort fiel, will Bomhard als Vorstandschef selbst übernehmen.
Kritik an Aufsichtsrats-Vorsitz von Ex-Chef Schindler
Aktionäre und Aktionärsschützer haben den geplanten Wechsel Noch-Vorstandsvorsitzenden Hans-Jürgen Schinzler auf den Chefsessel im Aufsichtsrat kritisiert. "Das ist die falsche Botschaft", sagte Klaus Schneider von der Schutzgemeinschaft der Kleinaktionäre (SdK). Es sei in Ordnung, dass Schinzler mit seiner Erfahrung in das Kontrollgremium wechsle. Es müsse aber bei einem Rücktritt vom Vorstandsvorsitz ein klarer Schnitt gemacht werden. Daher solle Schinzler nicht den Vorsitz im Aufsichtsrat übernehmen.
Auch Daniela Bergdolt von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz kritisierte: "Einen Automatismus dieser Art darf es nicht geben." Schinzler entgegnete, sein designierter Nachfolger Nikolaus von Bomhard sei Manns genug, eigenständige Entscheidungen auch unter einem Aufsichtsrats-Chef Schinzler zu treffen.