Tabakhandel Zigaretten-Einzelverkauf beliebt und bald verboten

"Eine Zigarette, bitte." Weil immer mehr Leute offenbar kein Geld mehr für eine ganze Schachtel haben, hören Tabakladenbesitzer in Deutschland immer öfter diesen Satz. Doch die Bundesregierung will den Einzelverkauf verbieten.

"Eine Zigarette, bitte." Diesen Satz hören Tabakladenbesitzer in Deutschland immer öfter. "Manche Leute haben schlicht und einfach kein Geld mehr für eine ganze Packung in der Tasche", sagt Tabakverkäuferin Daria Wennemer aus Münster. Was in den meisten Ländern der Welt völlig gang und gebe ist, gehört seit einiger Zeit auch an vielen deutschen Kiosken, Tabakbörsen und Kneipentresen wieder zum Alltag: der Einzelverkauf von Zigaretten. Möglicherweise nicht mehr lange. Die Bundesregierung will ihn verbieten.

Kunden sind meist jüngere Leute

Zwischen 15 und 25 Cent kosten einzelne Glimmstängel je nach Marke. "Die Kunden sind vorwiegend jüngere Leute", sagt der Berliner Tabakverkäufer Michael Dehmel. Auch Arbeitslose kauften die "Solo- Kippe" gern. "Wenn Menschen mit dem Rauchen aufhören wollen, bitten sie schon mal um eine allerletzte Zigarette", lacht der Münsteraner Kioskbesitzer Volrath Wilksch. "Ob es dann bei dieser Zigarette bleibt, ist eine andere Frage". Nicht alle Sorten gehen einzeln über den Tresen. "Das ist nur erlaubt, wenn sich der Packungspreis genau durch die Zahl der Zigaretten teilen lässt", sagt Tabakverkäuferin Marion Schroll aus Gera.

Neben Kostengründen stärkt nach Ansicht von Alltagsforschern auch ein Mentalitätswandel die Nachfrage nach Einzel-"Zicken". "Jugendliche haben beim Rauchen zunehmend ein schlechtes Gewissen", sagt der Bonner Volkskundler Gunther Hirschfelder. Dazu trügen auch die neuen Warnaufdrucke bei. "Für viele ist es ein Unterschied, ob sie einzelne 'Todesstängel' kaufen oder eine ganze Packung." Anders als in England oder Frankreich hätten Jugendliche in Deutschland oft mehr Gesundheitsbewusstsein.

Verbot soll junge Menschen schützen

Unlieb ist der Zigaretten-Einzelverkauf allerdings der Bundesregierung. Denn dieser mache Tabakwaren für Jugendliche oft erst erschwinglich. Laut Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung paffen Jugendliche im Schnitt im Alter zwischen 13 und 14 Jahren ihre erste Zigarette. Das "Gesetz zur Verbesserung des Schutzes junger Menschen vor Gefahren des Alkohol- und Tabakkonsums" soll da helfen. Es sieht vor, dass Raucher künftig beim Zigarettenkauf mindestens 17 Stück erwerben müssen.

"Das Gesetz ist notwendig, denn wir wollen junge Menschen vor den Gefahren des Alkohol- und Tabakkonsums schützen", sagt die Drogenbeauftragte der Bundesregierung Marion Caspers-Merk. Wenn alles nach Plan geht, tritt es im Juli in Kraft. Auch Gratisproben als Werbegeschenke und die kleinen Zehner-Packungen werden dann verboten. Dabei haben die Hersteller die Mini-Schachteln gerade erst auf den Markt gebracht.

morgenstern

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Wer vermisst die Mini-Schachteln?

"Damit wollte die Industrie auf die gestiegenen Zigarettenpreise reagieren", sagt der Geschäftsführer des Tabakwaren-Einzelhandelsverbandes Willy Fischel. Er sieht die Novelle gelassen, der Erfolg der Kleinpäckchen war ohnehin bescheiden. "Das macht weniger als ein halbes Prozent des Absatzes aus."

Früher war das anders. Bis vor rund 30 Jahren waren Kleinpackungen Normalität. Dann verschwanden sie, weil nur jeder zwölfte Raucher auf weniger als zehn "Sargnägel" am Tag kommt. Bis 1953 hatten sich sogar Fünfer-Packungen aus dem Automaten ziehen lassen. Unmittelbar nach dem Krieg, als Zigaretten nicht nur Luxusgut, sondern auch Ersatzwährung waren, konnte sich kaum jemand eine ganze Schachtel leisten.

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Arno Schütze, dpa