Finanzierung Baugeld auf Nachkriegsstand

Baugeld ist momentan so günstig wie seit den Aufbaujahren nach dem Zweiten Weltkrieg nicht mehr. Die Bestsätze für Hypothekendarlehen mit Zehnjahresbindung sind unter die Marke von vier Prozent gefallen.

"Die Zinsen sind wirklich extrem niedrig", betont Kerstin Altendorf vom Bundesverband deutscher Banken in Berlin. Warum der Trend jetzt wieder nach unten zeigt, lässt selbst so manchen Experten grübeln. Eigentlich stand eine Korrektur nach oben an. Für Bauherrn und Immobilienkäufer, die jetzt einen Baukredit brauchen, sind die Traumkonditionen jedenfalls ein echter Glücksfall. Ihre monatliche Rate kostet heute etwa die Hälfte wie noch vor zehn Jahren, wie Kai Oppel, Sprecher des Online-Baufinanzierers Interhyp AG in München, erläutert.

Bestsätze für 10 Jahre unter 4 Prozent

Wer den Markt sondiert, kann bei Kreditvermittlern momentan Annuitätendarlehen auf 10 Jahre für den Tiefpreis von 3,86 Prozent (effektiv) festzurren, auf die Dauer von 15 Jahren für Bestmarken um 4,25 und auf 20 Jahre knapp über 4,5 Prozent. Bei klassischen Filialbanken fallen die Preise häufig etwas teurer aus. In der Hochzinsphase Anfang der 90er mussten die Bundesbürger für Baugeld noch gut doppelt so viel zahlen, unterstreicht Altendorf. Damals hatte sich das Zinsniveau um die 9 Prozent eingependelt.

"Ein ausgesprochen guter Einstiegszeitpunkt", meint Jörg Sahr, Experte für Baufinanzierung bei "Finanztest" in Berlin. Billiger werde es vermutlich nicht mehr. Der Tipp aller Experten: Den günstigen Zinssatz auf lange Zeit bunkern. Nicht nur auf 10 Jahre, sondern auf 15 bis 20 Jahre. "Zwar muss man dann einen kleinen Aufschlag draufpacken, liegt aber immer noch sehr preiswert", gibt Sahr zu bedenken. Das Risiko einer baldigen Zinserhöhung sei groß. Außerdem hätten Bauherrn nach nur 10 Jahren immer noch den Berg von 90 Prozent der Schulden vor sich. Selbst Baudarlehen auf 25 Jahre könnten sich rechnen, meint Robert Haselsteiner, Chef von Interhyp. Sie seien derzeit im optimalen Fall für knapp unter 5 Prozent zu bekommen.

Lang binden, hoch tilgen

Und noch etwas spricht für einen Festzins von 15 Jahren und mehr, wie der Bankenverband betont: trotz langer Bindung bleibt das Risiko kalkulierbar. Denn bei einer so langen Laufzeit kann der Schuldner den Kredit nach 10 Jahren ohne Folgekosten kündigen. Er muss keinerlei Vorfälligkeitsentschädigung für den vorzeitigen Ausstieg zahlen. Die Bank hingegen kann aus dem Vertrag nicht heraus und in der nächsten Hochzinsphase plötzlich höhere Zinsen verlangen.

Altendorf rät außerdem davon ab, bei einem solchen 50-Jahres-Tiefstand die Standardtilgung von einem Prozent zu wählen. "Möglichst hoch ansetzen, 2 Prozent oder gar 3", so ihr Tipp. Umso schneller wird der Bauherr seine Schulden los. "Eine höhere Tilgung ist jetzt ein Muss für den, der es sich leisten kann", unterstreicht auch Sahr. "Selbst mit 4 Prozent Tilgung läge die Rate noch unter der in der Hochzinsphase", meint Oppel.

Mit Forward-Darlehen niedrigen Zins reservieren

Wer in einem Altdarlehen festsitzt, das nicht mehr allzu lange läuft, kann ebenfalls vom aktuellen Zinstief profitieren. Und zwar mit dem so genannten Forward-Darlehen, das den niedrigen Zins von heute verbindlich für die Zukunft reserviert. Je näher das Ende der Zinsbindung bevor steht, desto eher kann sich diese Form der Anschlussfinanzierung rechnen. Allerdings verteuert jeder Monat Vorlauf das Forward-Darlehen etwa um 0,02 bis 0,03 Prozentpunkte. Bei zwei Jahren Reservierung steigt der Marktzins im Schnitt um 0,6 Prozentpunkte, wie "Finanztest" berechnete.

AP
Berrit Gräber, AP

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