Demenz-WG vor Kündigung Jetzt droht der Vermieter den dementen Senioren

Sieben an Demenz erkrankte Senioren in Berlin haben die Kündigung für ihre Wohngemeinschaft erhalten. Nun stellt sich heraus: Der Eigentümer will die alten Menschen entweder loswerden - oder sie sollen mehr Miete zahlen.

"Kein Rauswurf von Käthe!" – so protestieren mehr als 71.000 Menschen gegen die Kündigung, die eine WG aus sieben demenzkranken Berliner Senioren im Sommer erhalten hat. Geht es nach dem Schreiben, müssten sich die alten Menschen im November eine neue Bleibe suchen – in ihrer Situation eine mehr als schwierige Aufgabe. Im Gespräch mit dem stern hat Klaus Pawletko, Geschäftsführer des Vereins "Freunde alter Menschen", der die WG organisiert, nun berichtet, worum es dem Eigentümer der Steglitzer Wohnung wirklich geht: Um mehr Geld.

Nachdem die Petition gegen die Kündigung immer mehr an Zulauf gewann, hat sich die Eigentümerfirma Esplanaden Berlin Holding A/S mit Sitz in Dänemark am Donnerstag nun bei dem Verein gemeldet. Die Kündigung wurde zunächst bis zum Jahresende ausgesetzt. Nicht aber ohne eine Forderung: Wenn ihr bleiben wollt, müsst ihr mehr zahlen.

Eigentümer fordern zwei Euro mehr pro Quadratmeter

Schon im April hatte der Verein ein Schreiben erhalten, man wolle die Miete an den Mietspiegel anpassen und innerhalb von zwei Jahren auf 8,50 Euro erhöhen. Weitere Gespräche darüber platzten, dann kam ein neuer Brief: Man wolle eine sofortige Mieterhöhung um 15 Prozent, also auf 6,50 Euro pro Quadratmeter. Der Verein akzeptierte das und zahlt seitdem 3300 Euro für die Wohngemeinschaft der sieben Senioren – "Deshalb sind wie davon ausgegangen, dass es erstmal gut ist", sagt Pawletko. Bis sie im Juli dann die Kündigung erhielten, ohne eine Begründung.

Das Skurrile an dem Fall: Mit der Anpassung an den Mietspiegel behandelt der Eigentümer die Mieter wie bei einem Wohnmietvertrag, denn der Mietspiegel gilt für Wohnimmobilien. Durch die unbegründeten Kündigung bezieht er sich aber auf einen Gewerbemietvertrag. Was davon nun zulässig ist, wird bald das Amtsgericht feststellen müssen. Für Pawletko ist aber klar: "Die Kündigung wurde offenbar als Druckmittel benutzt, um eine höhere Miete zu bekommen."

Verein will die Wohnung nicht räumen

Gegen den Vorwurf, demente Senioren auf die Straße setzen zu wollen, habe sich die Eigentümerfirma ihm gegenüber gewehrt: Man sei davon ausgegangen, die Senioren würden auch nach der Kündigung in der Wohnung bleiben.

Wie auch immer der Fall ausgehen wird, Pawletko will nicht klein beigeben. Den Senioren hat er noch nichts von dem Problem erzählt, um die kranken Menschen nicht zu verunsichern: "So lange das Räumkommando nicht vor der Tür steht, werden wir denen das nicht sagen." Und auch daran, dass das passieren wird, hat er berechtigte Zweifel: "Ich weiß nicht, ob der Eigentümer so weit gehen würde, vor laufenden Kameras ein Haus voller alter Menschen von der Polizei räumen zu lassen."

amü