Eine Kündigung ist immer dann aus arbeitsrechtlicher Sicht gerechtfertigt, wenn dringende betriebliche Erfordernisse sie herbeiführen. Und diese müssen einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers im Unternehmen entgegenstehen. Entscheidend und häufigster Streitpunkt ist, ob und wann eine Weiterbeschäftigung im Unternehmen nicht mehr möglich ist.
So stellen pauschale Darlegungen wie der Zwang zur Senkung von Lohnkosten oder eine zu erwartende sinkende Auftragslage keine ausreichende Begründung dar. Der Arbeitgeber muss konkret nachweisen, dass für die Tätigkeit eines zu kündigenden Arbeitnehmers kein konkreter Bedarf mehr besteht und wie er zukünftig die Arbeit ohne diesen Mitarbeiter bewältigt.
Allein die Absicht reicht nicht aus
Der Arbeitgeber kann dagegen betriebsbedingte Kündigungen einfacher durchsetzen, wenn er ganze Abteilungen oder einen ganzen Betrieb schließt. Hier liegen dann im Regelfall dringende betriebliche Erfordernisse vor. Können die Aufgaben des Betriebs oder der Abteilung in einer anderen Struktur und Form innerhalb oder außerhalb des Unternehmens fortgeführt werden, liegt ein so genannter Betriebsübergang vor. Der alte oder neue Arbeitgeber müsste die betroffenen Arbeitnehmer weiterbeschäftigen beziehungsweise umsetzen und nicht kündigen. Alleine die Absicht zur Schließung der Abteilung oder des Betriebs reicht auch nicht aus. So lange zum Beispiel der Arbeitgeber mit Dritten über eine Übernahme ernsthaft verhandelt, ist die betriebsbedingte Kündigung nicht möglich. Wird der Betrieb lediglich zeitweise unterbrochen, muss er die frei gesetzten Arbeitnehmer danach wieder beschäftigen.
Der Arbeitgeber ist auch verpflichtet, zur Vermeidung betriebsbedingter Kündigungen Kurzarbeit den Vorrang zu geben. Hierbei hat der Betriebsrat jedoch ein Mitspracherecht. Auch muss er alle in einem Tarifvertrag zur Verfügung stehenden Mittel wie zum Beispiel eine zeitweilige Arbeitszeitverkürzung mit oder ohne Lohnausgleich zunächst prüfen.
Für betriebsbedingte Kündigungen gilt die soziale Auswahl
Kann der Arbeitnehmer an einen anderen Arbeitsplatz innerhalb des Unternehmens - auch außerhalb des Betriebs - umgesetzt werden, ist eine betriebsbedingte Kündigung unzulässig. Die Rechtssprechung setzt dabei jedoch Grenzen. So ist ein Großkonzern mit vielen verzweigten Unternehmen nicht als Unternehmen im Ganzen anzusehen. Gibt es einen anderen, aber "schlechteren" Arbeitsplatz und der Arbeitnehmer stimmt der Umsetzung zu, entfällt jeder Grund zur betriebsbedingten Kündigung.
Für betriebsbedingte Kündigungen gilt die soziale Auswahl: Alle vergleichbaren Arbeitnehmer im Unternehmen werden nach sozialen Gesichtspunkten wie Dauer der Betriebszugehörigkeit, Alter, Unterhaltspflichten und Schwerbehinderung verglichen. Lediglich unentbehrliche Arbeitskräfte mit nachweislichen herausragenden Kenntnissen und Fertigkeiten sind unter Umständen ausgenommen. Es muss derjenige gehen, der die größten Chancen am Arbeitsmarkt hat und für den die Entlassung die geringsten absehbaren sozialen Folgen bedeutet. Und der Betriebsrat muss vor dem Ausspruch der Kündigung angehört werden. Bei Streit über die soziale Rechtfertigung einer Kündigung kann ein betroffener Arbeitnehmer zwar die Gründe erfragen, warum es gerade ihn getroffen hat. Ihm obliegt jedoch die Beweislast dafür, dass die Entscheidung hinsichtlich der Sozialauswahl nicht korrekt erfolgt ist.
Allerdings muss der Arbeitgeber im Rahmen eines Kündigungsschutzverfahrens akribisch genau alle Einzelheiten darlegen und unter Beweis stellen. Oft bricht dann eine anfangs plausibel erklärte Kündigung in sich zusammen, weil eben keine betriebsbedingten Gründe nach dem Kündigungsschutzgesetz vorlagen.
Ulf Weigelt ist Fachanwalt für Arbeitsrecht in der Kanzlei Weigelt & Ziegler in Berlin-Prenzlauer Berg.