»Pling«, auf meinem Monitor erscheint ein kleines IM-Fenster. Mit »IM« (sprich eih-äm) ist ein Instant Messenger, der digitale Nachrichten sofort übermittelt. Dieser »Schnellübermittler« erfreut sich in New Yorker Finanzkreisen großer Beliebtheit. Kein Wunder: Diese raffinierte Software ermöglicht den unmittelbaren Informationsaustausch zwischen mehreren Leuten, ohne ein Telefon einzuschalten. Im Telegramm-Stil werden Nachrichten in Nanosekunden übers Internet übertragen und kein anderer im Raum kriegt davon etwas mit. Eine wunderbare Erfindung!
Börsen-Händler, die schließlich vom Informationsaustausch leben, lieben den IM. Es kommt vor, dass Leute zehn verschiedene »Gesprächspartner« per IM kontaktieren. Als Nichtbörsianer ist ihre Sprache eh nicht zu entschlüsseln, denn es existieren die skurrilsten Abkürzungen. Alles muss schnell gehen. Zeit ist Geld - oder kann es zumindest werden...
Die IM-Nachricht, die Trader Jamie mir geschickt hat, besteht lediglich aus zwei Buchstaben und einem Fragezeichen: »fb?«. Ich tippe ein kurzes »y« in das Antwortfeld und schicke es ab. Daraufhin stehe ich auf, hole mir fünf Dollar von Jamie und mache mich auf den Weg nach draußen. Dort besorge ich zwei Cappuccini in meinem Stammcafé und liefere einen bei dem großzügigen Spender ab, der mich freudestrahlend empfängt. Blindes Verstehen könnte man jetzt vermuten, aber ganz so ist es nicht.
Es gibt eine ungeschriebene Regel, die da heisst »You fly, I buy«. Oder auch »I fly, you buy« - je nach Bedarf. Gerne wird sie von vielbeschäftigten Händlern praktiziert, für die eine 5-minütige Abwesenheit vom Trading-Desk schon einen großen Verlust bedeuten kann. Wenn einem aber trotzdem nach etwas gelüstet, das nicht telefonisch bestellt werden kann, geht das nur mit dem Fly-Buy-System. Ich fliege also, dafür zahlen die anderen. Ein fairer Tausch.
Und genau das war Jamies Frage per IM: »You fly - I buy?« Meine Antwort ein klares »Yes!«