Als Torsten Enders entschied, Unternehmer zu werden, hatte er noch tiefe Vorbehalte gegen "Kapitalisten", wie er sie nennt. "Ich hatte Angst vor Wendegewinnlern, die kamen doch nur zu uns in den Osten, um abzusahnen", bekennt er.
Jetzt ist er selbst ein Kapitalist. Und ein erfolgreicher dazu: Mit zehn Mitarbeitern hat Enders angefangen. In diesem Jahr hat er den Hundertsten eingestellt. Dennoch reichen die Kräfte nicht. Enders sucht noch mindestens zehn Ingenieure, Techniker, Schweißer.
Nominiert in der Kategorie Aufsteiger
WätaS Wärmetauscher Sachsen GmbH aus Pobershau (Sachsen) Das Unternehmen wurde für die Kategorie Aufsteiger des Deutschen Gründerpreises 2008 für die gelungene Kombination von Innovation und Kundenorientierung in einer klassischen Branche nominiert. Das Unternehmen hat eine ganzheitliche Lösung zur Rückgewinnung von Energie mit Hilfe von Wärmetauschern entwickelt. Abwärme wird so besonders kostengünstig weiter genutzt werden. WätaS verbindet starkes Wachstum mit der Verwurzelung in einer von Arbeitslosigkeit stark betroffenen Region, der das Unternehmen neue Hoffnung gibt. Das Unternehmen wurde durch die Partner des Deutschen Gründerpreises vorgeschlagen.
In der Kategorie Aufsteiger wird ein Unternehmen ausgezeichnet, das nicht älter als sieben Jahre ist und bereits durch außerordentliches Wachstum aufgefallen ist.
Vor fünf Jahren gründete der 44jährige Handelsvertreter seine Firma "Wätas Wärmetauscher GmbH" - ganz bewusst in Ostdeutschland, im sächsischen Pobershau. Er hat so viele Aufträge, dass die Belegschaft zwei Schichten arbeiten muss, von sechs Uhr bis kurz vor Mitternacht. Die Produktionshallen sind voll gestellt mit Maschinen und Material. Enders hat gerade zwei leer stehende Fabrikhallen dazugekauft, um mehr Platz zu haben.
Der Vater von drei Kindern ist ein hemdsärmliger Typ mit festem Händedruck und grauem Struwwelkopf, den er am liebsten über Wärmetauscher und Wärmepumpen beugt.
Enders will mehr
Nach der Wende reiste er als selbständiger Handelsvertreter durch Deutschland und verkaufte Klimaanlagen. "Ich habe damit gut verdient", erzählt Enders. "Aber irgendwann wurde das langweilig. Immer dieselben Produkte für immer dieselben Kunden." Nebenbei betrieb er Immobiliengeschäfte, kaufte denkmalgeschützte Häuser, ließ sie renovieren. "Ich wollte aber etwas Bleibendes schaffen", sagt er. Eine Fabrik aufbauen. Er bewundert Unternehmer, nach denen man Straßen und Plätze benennt. Eine "Torsten-Enders-Straße" in Pobershau? "Warum nicht!". Er erzählt, dass ihn die Kreditanstalt für Wiederaufbau vergangenes Jahr als "Gründerchampion für Sachsen" auszeichnete. Ein bisschen Eitelkeit darf schon sein. Doch Enders will mehr. "Hoffnung schaffen", sagt er. Das tut man im Erzgebirge am besten mit Arbeitsplätzen.
Erst recht in Pobershau bei Chemnitz. Der kleine Ort an der tschechischen Grenze, 2000 Einwohner, setzte vor allem auf Touristen. Ein Schaubergwerk und ein Puppenmuseum gibt es hier. Im Winter kann man Skifahren.
"Die Leute wollen hier leben und arbeiten"
"Früher gab es in jedem Dorf drei Fabriken", sagt Enders. "Nach der Wende wurden reihenweise Firmen dicht gemacht, weil sie nicht rentabel waren". Die Arbeitslosigkeit im Erzgebirge liegt heute bei 14 Prozent. Doch längst nicht alle in Pobershau sind abgewandert. "Die Leute wollen lieber hier leben und arbeiten", sagt der Firmengründer. Auf tschechische Billigarbeiter verzichtet er. Die eigenen Leute seien besser. "Sie sind gut ausgebildet und verlangen keine exorbitanten Löhne." Enders zahlt einem Arbeiter mindestens 7,50 Euro pro Stunde, verglichen mit den Löhnen im Westen wenig, aber mehr als der Mindestlohn, betont er. Auch die IG Metall in Chemnitz kann bei Wätas nichts Negatives finden, zumal Enders in den letzten Jahren bis zu acht Prozent Lohn drauf legte. Was der Region fehle, seien "Typen, die Dinge anpacken, statt zu lamentieren", sagt er.
Seine Geschäftsidee war, Wärmetauscher exakt nach Kundenwünschen zu konstruieren. Vor allem für Abnehmer aus der Industrie-Anlagen- und Maschinenbauer - entwickelt seine Firma Sonderanfertigungen. Dass das eine Marklücke ist, hat der Ex-NVA-Offizier begriffen, als er nach der Wende Klima- und Lüftungsanlagen verkauft hat. Grün und blau geärgert hat er sich über unzuverlässige Lieferanten. Seine Ware bezog er anfangs vor allem aus Italien. "Dort sind im August Ferien. Deshalb bekam ich ab Juli bis in den Oktober nichts mehr."
Energie mehrfach nutzen
Enders versteht sich als Querdenker. "Ich bin kein Grüner", stellt er klar, "aber mich fasziniert die Idee, Energie mehrfach zu nutzen." Und damit vom weltweiten Boom der erneuerbaren Energien zu profitieren, besonders im EU-Ausland. Der umtriebige Kaufmann verknüpfe das Wissen des Klimatechnikers mit dem des Elektrikers und des Ofenbauers. Warum, so fragt er sich beispielsweise, erzeugt man mit Fotovoltaik-Anlagen außer Strom nicht auch warmes Wasser? "Unter den schwarzen Zellen wird es schließlich heiß."
In der Entwicklungsabteilung experimentieren Techniker und Ingenieure gerade mit einer geheimen Wärmebatterie. Enders hat sie zum Patent angemeldet und schreibt nebenbei eine Doktorarbeit über seine Erfindung. Bei seinen Entwicklungen lässt er von Universitäten und dem Fraunhofer-Institut Chemnitz beraten.
Zur Firmengründung bekam Enders immerhin 40 Prozent Investitionszulage vom Staat. Dennoch war die Finanzierung der neuen Firma die größte Hürde. "Die Banken haben es mir schriftlich gegeben: Herr Enders, Sie können das nicht!" Das ärgerte ihn kolossal. Schließlich gewährte ihm die örtliche Sparkasse den nötigen Kredit. "Jetzt ist es den anderen, die mir nicht vertraut haben, peinlich", freut er sich.
Angst, alles zu verlieren
Zu Beginn sah es aus, als hätten die Banker mit ihrer Knauserigkeit recht gehabt. Die Firma verbrannte in den ersten anderthalb Jahren eine Menge Geld. "Wir haben Monat für Monat 40.000 Euro Miese gemacht. Da lagen die Nerven blank." Er musste seine Leute bezahlen, Maschinen anschaffen. Die Kosten schossen in der Anfangsphase schneller in die Höhe als der Umsatz. "Ich hatte Angst, meinen gesamten Besitz, meine Häuser, zu verlieren. Auch das Steuerberaterbüro meiner Frau wäre futsch gewesen." Und rund 50 Arbeitsplätze. Die Mitarbeiter zu ermutigen, das sei der wichtigste Part gewesen. "Die haben Nächte durchgearbeitet."
Überhaupt seine Mitarbeiter. "Er gibt auch Älteren eine Chance", lobt Thomas Freick. Er kam mit 52 Jahren zu Wätas und wurde stellvertretender Produktionschef: "Wer Leistung bringt, dem öffnet er Türen." Das gilt auch für die acht Lehrlinge. "Mancher habe nur einen schlechten Hauptschulabschluss - und wir machen sie zu Schweißspezialisten", sagt Enders.
2005 kam der Durchbruch. "Wir hatten auf das richtige Pferd gesetzt: Der Markt für Wärmegewinnung ist gigantisch!" Der Umsatz explodierte förmlich auf jetzt sechs Millionen Euro und legte jährlich um 50 bis 60 Prozent zu - seit dreieinhalb Jahren macht Wätas Gewinn.
Enders Angst vor Kapitalisten, die gibt es nicht mehr. Seine Definition ist heute eine andere. "Unternehmer sind Menschen, die ein Ziel fest vor Augen haben." Sein Ziel? "Menschen Mut machen - mit Arbeit."