Rund 200.000 Arbeitslose werden sich in diesem Jahr laut Prognosen aus dem Bundeswirtschaftsministerium mit Überbrückungsgeld oder Hilfen für Ich-AGs selbstständig machen. Das sagte Staatssekretär Rudolf Anzinger am Montag bei einer Tagung der Friedrich-Ebert-Stifung in Berlin. Damit würde die Zahl der Existenzgründungen mit Unterstützung der Arbeitsämter im Vergleich zum Vorjahr fast auf das Doppelte steigen.
Im Jahr 2002 hatten gut 123.000 Arbeitslose mit Hilfe von Überbrückungsgeld den Weg in die Selbstständigkeit gewagt. Existenzgründerzuschüsse für Ich-AGs wurden erst in diesem Jahr eingeführt und bis April 2003 von gut 16.000 Arbeitslosen bezogen, sagte der wirtschafts- und arbeitsmarktpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Klaus Brandner. Etwa jede dritte neue Selbstständigkeit werde damit von der Bundesanstalt für Arbeit finanziert. Konkrete Zahlen für die ersten fünf Monate diesen Jahres werde die Bundesanstalt noch in dieser Woche vorlegen.
850 Personal-Service-Agenturen bis Jahresende
Etwa 300 Politiker, Sozialexperten und Verwaltungsmitarbeiter diskutierten bei der Tagung der Friedrich-Ebert-Stiftung über die Konsequenzen der Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe. Anzinger unterstrich dabei das Ziel der Bundesregierung, bis Ende 2003 etwa 50.000 Arbeitslose, darunter 10.000 Jugendliche, privaten Personal-Service-Agenturen zur Arbeitsvermittlung zuzuweisen. "Bis zum Jahresende soll es 850 Agenturen geben", kündigte der Politiker an.
Nach Angaben von Anzinger wird die Bundesanstalt für Arbeit trotz der Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe zum 1. Januar 2004 erst ein halbes Jahr später in der Lage sein, die Leistungen auch für die bisherigen Sozialhilfeempfänger auszuzahlen. Nötig seien freiwillige Übergangsvereinbarungen mit kommunalen Trägern, die die Leistungen bisher überweisen.
An Initiativen fehlt es nicht
In den neuen Job-Centern, die die zusammengelegten Leistungen in Zukunft auszahlen, solle ein Arbeitsvermittler pro Jahr 75 Arbeitslose betreuen. Dafür seien 12.000 neue Fall-Manager nötig. Dies bedeute aber nicht automatisch Neueinstellungen. Derzeit sind laut Anzinger 98.000 Menschen bei der Bundesanstalt für Arbeit beschäftigt, was etwa 86.000 bis 88.000 Vollzeitstellen entspreche.
Zusätzlich zum 300 Millionen Euro teuren Sonderprogramm "Jump Plus" für Jugendliche zwischen 15 und 25 Jahren, das vom Kabinett bereits beschlossen wurde, werden im Wirtschafts- und Arbeitsministerium zwei zusätzliche Initiativen geplant. Darunter sind ein neues Programm für Langzeitarbeitslose über 25 Jahren und Maßnahmen für Jugendliche, die bis Anfang Oktober keine Lehrstelle oder Arbeitsplatz gefunden haben.