Lebensmittel Brot in Belgien wird teurer

Länger als sechs Jahrzehnte hat der belgische Staat für Ruhe im Bäckerladen gesorgt. Der Preis für ein normales Weiß- oder Graubrot war amtlich festgelegt. Jetzt bricht eine hitzige Debatte um Preispolitik los.

Doch diesen alten Zopf hat die sozial-liberale Regierung von Premierminister Guy Verhofstadt zu Beginn dieses Monats abgeschnitten - und seitdem herrscht Aufruhr an der Ladentheke. Jeder zweite Bäcker hob den Brotpreis an und wird nun als Beutelschneider beschimpft.

Ungeliebte Freigabe der Preise

"Bald ist Brot ein Luxusprodukt", klagt etwa Ingrid Dyckmans aus Lier. Sie machte ihrem Ärger per Leserbrief in der Zeitung "Het Laatste Nieuws" Luft: Statt 1,61 Euro, dem letzten staatlich festgesetzten Preis, verlangten Bäcker in ihrer Stadt nun 1,75 Euro. "Ich bin dann Mehl kaufen gegangen und werde wieder selber Brot backen", kündigte die Kundin an. Brot vom Bäcker sei einfach viel zu teuer geworden. Jef Elbers aus dem schicken Küstenort Knokke-Heist nennt die Teuerung "skandalös", Marc Spandel aus Sint-Niklaas beklagt "die arrogante Preispolitik der Bäcker".

Gut eine Woche nach der Freigabe der Preise ist die Debatte voll entbrannt. "Der 1. Juli 2004 wird wahrscheinlich in die Annalen eingehen - nicht als der Tag, an dem der Brotpreis liberalisiert wurde, sondern als der Tag, an dem die Bäcker für vogelfrei erklärt wurden, weil sie angeblich Diebe und Ausbeuter mit viel schwarzem Geld und großen deutschen Autos sind", reagierte Maurice Debusschere aus Menen auf die Anwürfe. Landauf, landab melden sich Bäckerfrauen und beschreiben die langen Arbeitstage und -nächte ihrer Gatten.

Der Streit wird persönlich

Die Nerven liegen blank, der Streit wird persönlich. "Was hält sie ab, Herr Elbers", fragte Lieve Stradiot aus Gent den kritischen Leserbriefschreiber aus Knokke, "Dutzende Bäckereien stehen zur Übernahme bereit, wagen sie ihr Glück und dann können sie auch in einem teuren deutschen Auto fahren, Häuser und viel Schwarzgeld besitzen." Ein Bäcker aus Brabant schlägt in die gleiche Kerbe: "Hiermit laden wir Herrn Elbers und alle anderen, die seine Meinung teilen, dazu ein, bei uns nur eine Woche die Arbeit zu übernehmen."

Das Argument mancher Kritiker, das billigere Brot aus dem Supermarkt sei genauso lecker und der weitere Fußweg dorthin sogar gesund, lassen die Verteidiger des ehrlichen Bäckerhandwerks auch nicht gelten: "Wenn sie das Brot aus dem Supermarkt genauso lecker finden, müssen sie dringend mal ihre Geschmacksnerven untersuchen lassen", wettert die Genterin Stradiot.

Manche verbilligen auch

Doch mitten im belgischen Brotkrieg gibt es auch noch gute Nachrichten. Chris Van Watermeulen aus Brügge hat sie - ebenfalls in einem Leserbrief - publik gemacht: "Bei uns um die Ecke hat der Bäcker den Brotpreis auf 1,60 Euro abgerundet. Ein geschnittenes Zehn-Körner-Brot ist künftig 1 Eurocent billiger. Das darf doch auch mal gemeldet werden, finde ich."

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Roland Siegloff, dpa

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