"Duelle - Adidas gegen Puma" Zwei Weltmarken, aus Hass geboren

Adi war ein ruhiger Tüftler, Rudolf ein begnadeter Verkäufer. Erst arbeiteten sie gemeinsam, dann hassten sie sich und gründeten Adidas und Puma. Nun zeigt die ARD ein Porträt über das unversöhnliche Brüderpaar und ihre Weltmarken.

Der Fahrer sagt, es sei nur wegen des Geldes gewesen. Der Enkel sagt, es könnte an der Schürzenjägerei gelegen haben. Die Schwägerin sagt, Käthe habe die Brüder entzweit. In Herzogenaurach kann jeder etwas über die beiden berühmten und zerstrittenen Söhne der Stadt sagen - über Adolf, genannt Adi und Rudolf Dassler. Die ungleichen Geschwister und Gründer der Weltmarken Adidas und Puma.

Für die TV-Doku "Duelle - Adidas gegen Puma" (ARD, 2. Juli, 21 Uhr) hat der Filmemacher Stephan Lamby den halben Ort befragt. So darf auch der Kaplan seine Meinung äußern, die Archivare der Sportartikelhersteller sowieso und, als berühmtester noch lebender Herzogenauracher: der unvermeidbare Lothar Matthäus, dessen Vater Hausmeister bei Puma war.

Um es vorweg zu nehmen: Warum genau sich Adi und Rudolf in die Haare gekriegt haben, aus ihrer Firma zwei machten und zeitlebens nicht mehr miteinander sprachen, das kann auch die 45-minütige Dokumentation nicht klären. Die, die es vielleicht wissen könnten, leben entweder nicht mehr oder "wollten sich vor der Kamera nicht äußern", wie Produktionsleiterin Christine Stahlschmidt sagt.

Dabei verwenden die Macher Lamby und Michael Wech einen Großteil der Zeit darauf, genau diesem Rätsel auf die Spur zu kommen. Doch selbst die Schwägerin von Rudolf Dassler, die 98-jährige Betti Billwatsch, kann nicht mehr als Gerüchte, Anekdoten und Kaffeesatzleserei beitragen - allesamt allerdings höchst unterhaltsam. Und natürlich hat sie, wie alle in dem 20.000-Seelen-Örtchen, ihre eigene Theorie, freilich eine aus der Puma-Sicht.

War Adis Frau Käthe an allem Schuld?

Danach sei die junge Ehefrau von Adi Schuld am großen Familiengraben im Mittelfränkischen. Adi Dassler war im Gegensatz zu seinem Bruder der Typ tüftelnder Eigenbrötler, dessen einziges Streben es gewesen war, den perfekten Sportschuh zu entwickeln. Das er dann doch geheiratet hat, sei eine kleine Sensation gewesen, heißt es. Allerdings soll seine Herzensdame Käthe, gelinde gesagt, recht ehrgeizig gewesen sein. So habe sie gegen ihren Schwager intrigiert, indem sie das Gerücht gestreut habe, der begnadete Verkäufer und Polterer Rudolf wolle ihren stillen Adi ausbooten.

Es wird aber noch saftiger gemunkelt: Rudolf Dassler hatte, wie Betti Billwatsch sagt, eine "große Goschn", galt aber dennoch oder gerade deswegen als Frauenschwarm. Für seine Treue nicht gerade berühmt, soll er auch vor Schwägerin Käthe nicht halt gemacht haben. Das Ergebnis des angeblichen Tete-a-tete: Horst Dassler. Offiziell der Sohn von Adi.

Aber, wie gesagt, alles nur Mutmaßungen. Sicher dagegen, dass der Zoff zwischen Adi und Rudolf 1948 zur Spaltung der gemeinsamen Firma geführt haben. Den Mitarbeitern wurde freigestellt, für welchen Dassler sie künftig arbeiten wollen. Zweidrittel der Belegschaft, vor allem die Schuster, entschieden sich für Adi, der Rest, vor allem Verkäufer, folgten Rudolf, der wenige Meter von "Stammhaus" entfernt Puma gründete.

Was folgte, war ein gnadenloser Konkurrenzkampf, der bis heute anhält - und bei dem Adidas meistens der Sieger blieb. Doch es hätte auch anders kommen können.

Kurz vor der Weltmeisterschaft 1954 wollte der damalige Bundestrainer Sepp Herberger eigentlich Puma als Schuhausrüster für die deutsche Nationalmannschaft gewinnen - doch das Unternehmen sollte nicht nur die Ausrüstung stellen, sondern der Mannschaft vor allem Geld zahlen. Wozu Rudolf Dassler aber nicht bereit war. Der Zuschlag ging deshalb an den Erzfeind Adidas. Das Ende ist bekannt: Deutschland wurde erstmals Weltmeister und Adidas ist bis heute auf engste mit dem Nationalteam und dem DFB verbandelt. "Wahrscheinlich habe ich gerade einen riesigen Fehler gemacht", zitiert der Film Rudolf Dassler nach seiner Entscheidung gegen Herberger.

Der Deal mit Boris Becker brach Puma fast das Genick

Es sollte nicht der letzte gewesen sein. Zwar hatte das nimmermüde Schuhgenie Adi Dassler beim Rattenrennen um Materialien und Innovationen meist die Nase vorn, doch genauso wichtig wurde das Marketing: exklusive Ausrüsterverträge mit Verbänden, Mannschaften und einzelnen Sportlern. Auch dieses Spielchen beherrschte Adidas schnell und kaufte sich über Jahrzehnte bei den Olympischen Spielen ein. Die Konkurrenz schnappte sich Pele und Boris Becker. Die Millionen für den Tennisstar aber hätten der Firma fast das Genick gebrochen.

Nicht nur das. Ende der 80er Jahre fanden sich Puma-Klamotten und Schuhe fast nur noch auf Grabbeltischen wieder, und auch Adidas geriet in ernste Schwierigkeiten. Nach vielem hin und her kam die Traditionsmarke erst ab Mitte der 90er wieder in Schwung. Mittlerweile stehen beide Firmen glänzend da. Nicht zuletzt wegen des anhaltenden Retrotrends bei Schuhen und Kleidung. Adidas hat 2006 erstmals mehr als zehn Milliarden Umsatz gemacht, Puma seinen Aktienkurs seit der Amtsübernahme von Vorstand Jochen Zeitz vor 17 Jahren um 5000 Prozent gesteigert.

Aus den Zweikampf wurde ein Dreikampf

Seitdem die US-Firma Nike auch in der Bundesliga mitmischt und selbst der deutschen Adidas-Nationalmannschaft ein unmoralisches Angebot unterbreitet hat, ist aus dem Zweikampf ein Dreikampf geworden. Das letzte große Gefecht der beiden Streithähne aus Herzogenaurach hat übrigens Puma für sich entschieden: Mit Italien wurde erstmals eine Mannschaft mit Raubkatzen-Logo Weltmeister. Nach Ansicht von Bayern-München-Manager und Adidas-Mann Uli Hoeneß ein Ausrutscher: "Puma", sagt er in der Dokumentation, "wird Adidas nie das Wasser reichen können".