Die China-Euphorie unter deutschen Spitzenmanagern und Firmenschefs ist verflogen. "Deutsche Unternehmen leiden verstärkt unter dem Druck der chinesischen Regierung zum Technologietransfer", heißt es in einem vertraulichen Papier des Asien-Pazifik-Ausschusses der Deutschen Wirtschaft (APA) für Bundeskanzlerin Angela Merkel, das stern.de vorliegt. Die Bundeskanzlerin ist am Montagmorgen zu Gesprächen mit Premierminister Wen Jiabao und Staatspräsident Hu Jintao in Peking eingetroffen.
Angst vor China als Technologieführer
Der APA, der vom Siemens-Aufsichtsratsvorsitzenden und Merkel-Vertrauten, Heinrich v. Pierer geleitet wird, warnt davor, dass "die Verbindung von Technologietransfer mit dem Aufbau einer eigenen schlagkräftigen Forschung schneller als gedacht dazu führen kann, dass China selbst zum Technologieführer aufsteigt". Ehemalige chinesische Partner deutscher Firmen, wie zum Beispiel der Haier-Konzern, ehemals ein Partner von Liebherr, treten bereits heute innerhalb Chinas und auf Drittmärkten als Wettbewerber auf. Die deutschen Automobilkonzerne, deren Markteinteile in China einbrechen, sind gezwungen Gemeinschaftsunternehmen mit chinesischen Autoherstellern einzugehen und dabei Wissen preiszugeben.
Weiter beklagen die deutschen Unternehmer lange Zulassungsfristen für deutsche Arzneimittel und den Ausschluss ausländischer Firmen von großen, chinesischen Infrastrukturprojekten. "Insbesondere in den Sektoren Power und Transportation, die als "national interest" klassifiziert sind, werden Ausschreibungen zunehmend national ausgeschrieben. Ausländische Firmen werden vom direkten Wettbewerb ausgeschlossen bzw. nur unter der Bedingung zugelassen, dass chinesische Firmen als Generalunternehmer fungieren (...) und Technologien komplett an chinesische Firmen übertragen werden", berichten deutsche Firmen aus China.
Produktpiraterie bleibt Riesenproblem
Einen breiten Raum nimmt der Diebstahl geistigen Eigentums ein, von dem Firmen wie Adidas, Puma und Boss aber auch Technologieunternehmen und Autokonzerne betroffen sind. Die gesetzlich vorgeschriebenen Strafen für Produkt- und Markenpiraterie haben "keine ausreichende abschreckende Wirkung", schreibt der APA. "Auf regionaler Ebene verhindert Protektionismus die Durchsetzung gewerblicher Schutzrechte. Das Vorgehen gegen Produktpiraten in China ist darüber hinaus für den Originalhersteller eine kostspielige Angelegenheit."
Im Blick auf Reiseveranstalter wie TUI fordert der APA, ausländischen Firmen zu erlauben, Ferienreisen ins Ausland an Chinesen zu verkaufen. Dieses lukrative Geschäft ist bisher allein chinesischen Unternehmen vorbehalten. "Eine Gleichbehandlung mit inländischen Reiseanbietern solle möglichst schnell herbeigeführt werden", heißt es.
Subventionen verzerren den Wettkampf
Das achtseitige Dokument prangert chinesische Werften an, die aufgrund staatlicher Subventionen "Aufträge zu extrem niedrigen Preisen akquirieren, die keinesfalls kostendeckend sein können". Es sei absehbar, "dass dies im Weltschiffbaumarkt zu Überkapazitäten und daraus folgend zu ruinösen Preiskämpfen führen wird". Nach Angaben des APA produzieren rund 2000 deutsche Unternehmen in China, die dort mehr als acht Milliarden Euro investiert haben.