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Weltweiter Autozulieferer Schwere Krise bei Continental: Milliardenabschreibung und Abspaltungen

Ein rote Ampel neben einem Schild mit der Aufschrift "Continental" vor einem Werk in Gifhorn
Continental wird in diesem Jahr wegen einer milliardenschweren Sonderbelastung voraussichtlich in die Verlustzone schlittern.
© Julian Stratenschulte / DPA
Seit Längerem läuft es bei Continental nicht mehr rund, weil die Automärkte stottern. Nun muss der weltweit zweitgrößte Autozulieferer die Konsequenzen ziehen und wegen schlechter Aussichten Milliarden abschreiben.

Der krisengebeutelte Autozulieferer und Reifenhersteller Continental sieht schwarz: Aufgrund schlechter Verkaufsprognosen musste das Unternehmen eine Milliardenabschreibung vornehmen. Dadurch schreibe man nicht nur im Quartal, sondern im Gesamtjahr rote Zahlen, wie der Dax-Konzern am Dienstag in Hannover mitteilte. Im vergangenen Jahr hatte Conti noch einen auf die Aktionäre entfallenden Gewinn von 2,9 Milliarden Euro erzielt.

Continental will Antriebssparte ganz abspalten

Weil Conti nicht damit rechnet, dass sich die derzeitige Flaute bei der weltweiten Produktion von Pkw und leichten Nutzfahrzeugen in den kommenden fünf Jahren wesentlich bessert, verbuchte das Unternehmen 2,5 Milliarden Euro an Wertminderungen.

Zudem will der Konzern seine Antriebssparte nicht mehr teilweise an die Börse bringen. Nach den Plänen des Vorstands wird der Bereich nun gleich ganz abgespalten und den Aktionären nach einer Börsennotierung ins Depot gebucht. Continental verwies auf die derzeit kaum vorhersehbaren Bedingungen für einen Teilbörsengang, der zuletzt schon nicht mehr die alleinige Option war. Der Aufsichtsrat muss dem Vorhaben noch zustimmen, zudem soll der Plan den Aktionären bei der Hauptversammlung Ende April 2020 vorgelegt werden. Im Laufe des nächsten Jahres könnte die Abspaltung dann wirksam werden.

Konsequenzen der Branchenkrise

"Im kommenden Jahr soll unser Antriebsgeschäft die erforderliche Selbstständigkeit und Handlungsflexibilität für die anstehenden Wachstumsschritte erhalten", sagte Conti-Vorstandschef Elmar Degenhart. Das Geschäft unter dem Namen Vitesco Technologies leidet unter der unklaren Aussicht für Verbrennungsmotoren, verdient aber auch mit Komponenten für Elektromotoren noch kein Geld. Wie viel Geld ein Unternehmen in einem solchen Szenario mit einem normalen Börsengang einspielen würde, ist unsicher.

Seit über einem Jahr tut sich Conti schwer, sich gegen die Branchenkrise in der Pkw-Industrie zu stemmen, die vor allem die Zulieferer hart trifft. Im dritten Quartal schrammte die Autozuliefersparte auch im Tagesgeschäft nur mühsam an der Verlustzone vorbei. Die operative Marge vor Zinsen, Steuern und Sondereffekten lag bei gerade noch 1,6 Prozent.

Grund ist auch der unklare Brexit

Insgesamt steigerte Conti den Umsatz nach vorläufigen Zahlen zwar um 2,9 Prozent auf rund 11,1 Milliarden Euro. Doch weil die Autozuliefersparte kaum noch profitabel ist, sackte die konzernweite operative Rendite von 7,1 Prozent vor einem Jahr auf 5,6 Prozent ab. Analysten hatten mit solchen Werten allerdings bereits gerechnet.

"Angesichts von ungelösten Handelsstreitigkeiten, unklarem Brexit und rückläufiger Märkte haben wir uns im dritten Quartal operativ vernünftig geschlagen", sagte Finanzvorstand Wolfgang Schäfer. Seine Finanzprognosen bestätigte das Unternehmen. Conti erwartet in diesem Jahr demnach weiterhin zwischen 44 und 45 Milliarden Euro Umsatz. Die bereinigte Marge soll zwischen 7 und 7,5 Prozent landen.

Stellenabbau in den nächsten zehn Jahren

Conti hatte bereits einen Großumbau in der Organisation sowie bei der Ausrichtung des Konzerns angestoßen. Davon könnten bis 2023 weltweit rund 15.000 Arbeitsplätze betroffen sein, 5.000 davon in Deutschland. Bis 2029 dürften sogar 20.000 Stellen betroffen sein, davon 7.000 in Deutschland. Das soll unter anderem die jährlichen Bruttokosten um 500 Millionen Euro senken. In zukunftsträchtigen Bereichen wie der Softwareentwicklung will Conti hingegen Jobs aufbauen.

Der Umbau sorgte in den ersten neun Monaten des Jahres für erste Rückstellungen in Höhe von 97 Millionen Euro. Weitere Kosten aus dem Umbau- und Sparprogramm würden für das vierte Quartal erwartet, die Höhe stehe aber derzeit noch nicht fest.

Kein großer Einfluss auf Dividendenvorschlag erwartet

Die milliardenschwere Belastung insgesamt soll keine direkten Folgen auf die Ausschüttung haben. "Continental hat eine sehr solide Bilanz", sagte Schäfer. "Durch die heute bekannt gegebenen Wertminderungen und Rückstellungen erwarten wir keinen wesentlichen Einfluss auf den Dividendenvorschlag für das Geschäftsjahr 2019."

Der wesentliche Teil der Wertminderungen entfalle auf sogenannten Goodwill bei Übernahmen vor 2008, hieß es von Conti. Damit sind gezahlte Aufpreise für Firmenwerte gemeint. Sieht ein Unternehmen in seinen Unternehmensteilen über die Zeit wegen schlechter Aussichten wesentlich weniger Wert, muss es diese Aufpreise abschreiben.

meh / Marco Engemann DPA

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