Als Berthold Leibinger in den 50er Jahren seine Diplomarbeit im Fach Maschinenbau schrieb, schnitten Arbeiter in der metallverarbeitenden Industrie die Bleche noch freihändig, an großen, scharfen Maschinenmessern. Das war nicht nur ein Gesundheitsrisiko, sondern brachte seltsame Metallstilblüten hervor. Wo Rundes geplant war, kam oft Eckiges heraus.
Leibinger legte mit seiner Abschlussarbeit den Plan für einen Schneideapparat vor, dessen Messer von einer Schnittschablone geführt wurde. Der Schwabe erfand damit eine ganze Maschinenbranche neu. Sein Lehrbetrieb, die Trumpf GmbH, kaufte ihm die Erfindung mit Firmenanteilen ab. Später wurde Leibinger alleiniger Inhaber des Unternehmens, das heute viele Tausend Mitarbeiter beschäftigt.
Am Dienstagabend ist der mittlerweile 77-Jährige bei der Verleihung des Deutschen Gründerpreises im Berliner Zollernhof für sein Lebenswerk geehrt worden. Laudator Florian Langenscheidt lobte auch das kulturelle Engagement Leibingers. "Weil Sie ein heißes Herz für das Vergangene haben, verfügen Sie auch über einen Sinn für die Kraft, die die Zukunft weist", sagte Langenscheidt. Der so geehrte Unternehmer kommentierte: "Man muss Geduld haben, auch Rückschläge einstecken können. Und eine Frau haben, die das alles mitmacht. Mit einem Glamour-Püppchen ist nichts zu machen."
Deutscher Gründerpreis
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Ferner spielten beim diesjährigen Gründerpreis-Wettbewerb - einer Initiative des stern, der Sparkassen, des ZDF und von Porsche - vor allem Zukunftstechnologien eine wichtige Rolle. So wie Leibingers Ideen in den vergangenen fünf Jahrzehnten wegweisend waren, so könnte mancher der Prämierten schon bald selbst mit Mut und Erfindungsreichtum ganze Branchen durcheinander schütteln.
Ein Beispiel dafür ist die Firma Torqeedo aus Starnberg, Sieger in der Kategorie "Start Up". Das Gründerduo Friedrich Böbel und Christoph Ballin hat einen Elektromotor für Boote gebaut, der die Hälfte der verbrauchten Elektrizität in Antriebsenergie umsetzt. In der Branche waren bis dato Werte um 20 oder 25 Prozent normal. Torqeedo hat mittlerweile 25 Mitarbeiter und verkauft das Produkt in 37 Länder.
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Nachwuchspreis für Schülergruppe aus Petershagen
In der Kategorie "Aufsteiger" setzte sich die Attocube Systems AG aus München durch. Das Unternehmen stellt wegweisende Geräte in der Nanotechnologie her. Laudator Jürgen Heraeus veranschaulichte die Leistung der Anlagen, die Attocube herstellt. "Da werden einzelne Moleküle um einen Zentimeter auf das Molekül genau verschoben", so Heraeus. "Das ist, als ob man einen Golfball von München nach Paris schlägt und damit ein zehn Zentimeter kleines Loch trifft."
Der Nachwuchspreis ging an eine Schülergruppe aus Petershagen. Sie hat eine Apparatur zur Bestimmung des Blutzuckerwerts bei Diabetikern entwickelt.
Wirtschaftsminister Michael Glos hatte als Partner des Wettbewerbs einen Auftritt als Gastredner. "Leider gehören wir in Deutschland bei den Unternehmensgründungen nicht zum internationalen Spitzenbereich. Ich habe oft den Eindruck, dass noch zu viel Scheu vorhanden ist", so Glos. Der CSU-Politiker forderte, dass das Thema "Wirtschaft" an deutschen Schulen eine größere Rolle spielt.
Bei aller Technikeuphorie gelang es der Jury durch die Vergabe des Sonderpreises einen interessanten Kontrapunkt zu setzen. Ausgezeichnet wurde die "Deutsche Kammerphilharmonie Bremen GmbH", ein Orchester, das sich seit über 20 Jahren größtenteils selbst finanziert. Nicht nur durch Konzerte, sondern zum Beispiel auch durch Managementseminare. "Das ist ein echter Tabubruch", sagte Laudator Willy Bogner. "Schließlich ist die vermeintliche Frontstellung zwischen Kunst und Kommerz ein deutsches Kulturgut."
Die Bremer Musiker zeigen, dass dem nicht so ist. Sie sind unabhängig von den Zwängen des subventionierten Kulturbetriebs und haben sich ihre künstlerische Freiheit erhalten – dank der erwirtschafteten Gewinne.