Die EU in der Schuldenkrise Der irische Patient

Eigentlich schien Irland schon aus dem Gröbsten raus gewesen zu sein - doch dann wurde die Bonität des Landes drastisch zurückgestuft. Für eine Genesung brauchen die Iren jetzt Ruhe und Geduld.

Diagnose: Erneuter Schwächeanfall

Kaum ein EU-Land hat so stark von der Globalisierung profitiert wie Irland und kaum ein Land wurde so heftig in den Strudel der Finanzkrise gesogen. Ende 2010 musste die EU den Iren mit 85 Milliarden Euro in der höchsten Not helfen. Der Schuldenstand lag zuletzt bei rund 96,2 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Für 2012 wird mit einem Defizit von 112 Prozent gerechnet. Weil sich die Wirtschaft zu langsam berappelt - die Konjunktur wächst aktuell nur um ein halbes bis ein Prozent - geht die Ratingagentur Moody's davon aus, dass Irland nach dem Auslaufen des EU-Hilfsprogramms erneut Finanzinfusionen benötigt. Deshalb wurde die Kreditwürdigkeit irischer Anleihen nun auf Ramschniveau gesenkt. Zudem befindet sich der Hauptabsatzmarkt USA ebenfalls in der Krise. Die Verquickungen der Dienstleistungsindustrien zwischen den beiden Ländern sind enorm.

Therapie: Ruhe und Geduld

Grundsätzlich ist der Patient Irland auf dem Weg der Besserung: Die Regierung Dublin versucht alles Erdenkliche, um den Haushalt zu konsolidieren, und hat die gesteckten Ziele bislang auch erreicht. Die immens hohen Immobilienpreise, Lebenshaltskosten und Löhne sinken und machen Irland wieder attraktiver für Unternehmen. Um den Heilungsprozess abzuschließen, brauchen die Iren aber Geduld. Denn bis die hohe Arbeitslosigkeit (14 Prozent) abgebaut und die Menschen wieder Geld für den Konsum haben, wird noch einige Zeit vergehen.

Heilungschancen: Grundsätzlich gut

Die irische Wirtschaft ist leistungsfähig und im Prinzip sehr solide aufgestellt, die Konjunktur auf einem guten Kurs. Allerdings geht die Regierung davon aus, dass die EU-Rettungsgelder nur noch bis Ende 2013 reichen werden. Experten prognostizieren, dass der Aufschwung bis dahin bei allen Iren angekommen sein wird. Unklar bleibt allerdings, ob die maroden Banken, die sich mit Immobilien verspekulierten, noch weitere Staats-Milliardenhilfen brauchen.

Niels Kruse