Die EU in der Schuldenkrise Der portugiesische Patient

Griechenland light: Die Portugiesen haben jahrelang über ihre Verhältnisse gelebt, nun müssen sie sparen, sparen und nochmals sparen. Die Heilungschancen werden dadurch aber auch nicht besser.

Diagnose: Mittelschweres Griechenlandsyndrom

Von EU und IWF hat Portugal bereits 78 Milliarden Euro erhalten. Doch ob diese Finanzspritze ausreicht, wird zumindest von der Ratingagentur Moody's bezweifelt. Gerade einmal einen Monat, nachdem die neue konservative Regierung unter Pedro Passos Coelho ins Amt gekommen ist, wurde die Bonität des Landes auf den Ramschniveau Ba2 heruntergestuft, das Institut fürchtet vor allem, dass weitere internationale Hilfsmilliarden nötig werden. Die Verschuldung des Landes betrug im vergangenen Jahr 93 Prozent der jährlichen Wirtschaftsleistung. Wie Griechenland auch leidet Portugal unter einer schwachen Wirtschaftsstruktur und dem Hang zu großzügigen Staatsausgaben. Die Wirtschaft schrumpft ebenfalls, wenn auch nicht so stark wie in Griechenland. In diesem Jahr wird das Minus rund zwei Prozent betragen, und für 2012 ist keine Wende zum Positiven in Sicht - die dringend benötigten Steuereinnahmen fließen daher nicht wie erhofft.

Therapie: Schrumpfkur

Im Gegenzug für das Rettungspaket muss die Regierung Portugals das Haushaltsdefizit spürbar senken - von 9,1 Prozent im vergangenen Jahr auf 5,9 Prozent des BIP in diesem Jahr. Doch bislang kommen die Sparbemühungen nicht so recht Schwung. Um das ehrgeizige Ziel bald zu erreichen, sollen Renten und Gehälter weiter gekürzt sowie Steuern erhöht werden, darunter müssen die Portugiesen auch die Hälfte ihres Weihnachtsgeldes dem Staat überlassen und Arbeitslosen wird wohl das Arbeitslosengeld gekürzt.

Heilungschancen: Kritisch

Das Zehn-Millionen-Einwohner-Land Portugal gilt als Armenhaus Westeuropas. Ähnlich wie in Griechenland trifft der strikte Sparkurs der Regierung vor allem die Mittelschicht und die armen Portugiesen. Es ist nicht auszuschließen, dass das Land sich kaputt spart. Immerhin, und anders als in Griechenland, werden die Konsolidierungsbemühungen auch von der Opposition mitgetragen.

Niels Kruse