Aldi, Lidl, Penny und Co. haben seit Jahresbeginn kräftig zugelegt, weil die Verbraucher in Zeiten der Euro-Teuro-Debatte und der hohen Arbeitslosigkeit jeden Cent umdrehen. Ein Erfolgsgeheimnis der Preiskönige sind billige, aber qualitativ hochwertige Eigenmarken. Um nicht noch mehr Marktanteile zu verlieren, ziehen auch traditionelle Supermarkt-Ketten mit. Bei Klopapier oder Nudeln stehen immer öfter Nachahmer-Produkte (ja!, A&P, Tip) in den Regalen. Klassische Marken-Artikel landen zum Verdruss der Industrie seltener im Einkaufswagen.
Markenartikelhersteller schlagen zurück
Um diesen Trend zu stoppen, hat der Markenartikel-Hersteller Unilever Bestfoods (Langnese, Knorr, Rama, Domestos) nun die größte Werbekampagne der Firmengeschichte gestartet. Das sicherste Konzept gegen »Anbieter A« (Aldi) seien Produkte, die man dort nicht kaufen könne, schreiben die Hamburger in ganzseitigen Anzeigen. »Handel und Markenartikler haben gleiche Interessen: Dass der Verbraucher nicht dauerhaft bei Aldi kauft«, sagte Unilever-Verkaufschef Ernst Schulte der Zeitschrift »Lebensmittel Praxis«. Nur aggressiv beworbene Markenprodukte, appelliert der Konzern an Handel und Industrie, könnten die Kunden zurück in die Supermärkte locken.
Vereint gegen Aldi & Co.
Zum Auftakt der millionenschweren Marketing-Offensive für über 30 Produkte forciert Unilever gerade in TV- und Kinospots das Image der Halbfett-Margarine »Lätta hoch Zwei«. Parallel dazu sind die Handelspartner aufgefordert, das Produkt schneller und prominenter in die Regale zu stellen. Deutschlands Unilever-Chef Johann Lindenberg glaubt, dass der Handel im Kampf gegen Aldi mitzieht.
»Die Resonanz der Händler schwankt zwischen positiv und begeistert«, sagte er der »Financial Times Deutschland«. Fest an Unilevers Seite steht der deutsche Markenverband. »Die Eigenmarken haben langfristig gesehen zwar zugenommen, aber ihre Bedeutung wird überschätzt«, glaubt Hauptgeschäftsführer Horst Prießnitz.
Billigprodukte in Spitzenqualität
Was führende Marken-Hersteller gerne verschweigen, ist die Tatsache, dass sie selbst den Boom der Handelsmarken mitgefördert haben. Um ihre Fabriken auszulasten, verkaufen sie seit Jahren ihre hochwertigen Waren in schlichter Verpackung und für wenig Geld an Aldi oder Lidl. Der Kunde schätzt es, wenn die No-Name-Chips genauso gut wie das Markenprodukt schmecken - aber deutlicher billiger sind.
Diese Wertschätzung beflügelt die Discounter, die ihren Marktanteil nach Angaben der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) inzwischen auf fast 40 Prozent ausgebaut haben. Während der gesamte Lebensmittel-Einzelhandel im ersten Halbjahr 2002 4,6 Prozent an Umsatz verlor, legten die Discount-Ketten um satte 7,4 Prozent zu.
Handel profitiert von Eigenmarken
Branchenexperten sind daher skeptisch, ob Werbe-Kampagnen die Eigenmarken dauerhaft schwächen können. Der Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes Lebensmitteleinzelhandel, Gerd Härig, sieht in ihnen ein Instrument zur Kundenbindung. »Die Branche leidet, weil sie mit identischen Sortimenten handelt und bei den Markenprodukten ein Preiskampf tobt. Der Handel kann dem Dilemma nur entgehen, wenn er verstärkt auf Eigenmarken setzt«, sagt der Experte.
Deutschlands größter Handelskonzern METRO (Real, Extra) schwört auf die richtige Mischung in den Regalen. »Wir haben starke Eigen- und Industriemarken. Es gibt Bereiche wie Saft, Nudeln und Toilettenpapier, da spielen Eigenmarken eine große Rolle. Bei Bier oder Nutella haben sie keine Chance«, sagt Konzernsprecher Albrecht von Truchseß.
Mit Warenvielfalt gegen die Discounter
Die Warenvielfalt ist nach Ansicht des Hauptverbandes des deutschen Einzelhandels das beste Rezept gegen die Discounter. Aldi habe 800 bis 1000 Artikel im Angebot, ein normaler Supermarkt komme auf 10.000, sagt Hauptgeschäftsführer Hubertus Pellengahr. Erfahrungsgemäß seien viele Verbraucher auf diesem Ohr aber taub: »Sie können machen, was sie wollen. Ihren Aldi lassen sich die Leute nicht madig machen.«