Wenn die USA in Irak einmarschieren sollten, könnte es zunächst zu schwer wiegenden Engpässen in der Ölversorgung kommen - oder aber zu einer Ölschwemme mit fallenden Weltmarktpreisen. Welches Szenario eintreten wird, hängt entscheidend davon ab, ob die amerikanischen Truppen die Ölfelder sichern können und wie die anderen Förderländer auf die Lage reagieren.
Im vielstimmigen Kriegsgerede der US-Regierung wird Öl selten erwähnt. Aber Irak verfügt über ein Zehntel der Weltölreserven. Und eine Militäraktion am Golf wird zweifellos einen großen Einfluss auf die Weltmärkte haben.
"Es wäre unsere Absicht, diese Felder zu schützen und sicher zu stellen, dass sie von einem schwindenden Regime nicht im letzten Moment zerstört oder beschädigt werden", sagte kürzlich US-Außenminister Colin Powell. Die wachsende Kriegsgefahr und auch der monatelange Generalstreik im Ölförderland Venezuela haben schon jetzt die Rohölhändler verunsichert. In der vergangenen Woche sprangen die Preise für Rohöl mit einem Auslieferungstermin im Februar auf mehr als 33 Dollar je Barrel (das Fass zu 159 Liter). Das sind 65 Prozent mehr als vor einem Jahr.
Zu spüren bekommen das die Autofahrer. In den USA stieg der Benzinpreis am 26. Dezember von einem Tag zum nächsten um 20 Cent auf mehr als 1,40 Dollar je Gallone (3,79 Liter). Auch die Benzinpreiserhöhungen in Deutschland sind nicht nur auf die Ökosteuer zurückzuführen.
Die Weltvorräte an Erdöl sind nach Angaben des US-Energieministeriums knapp und in der vergangenen Woche deutlich zurückgegangen. "Der Ausfall des Öls aus Venezuela beginnt zu schmerzen", erklärt Robert Ebel vom Zentrum für Strategische und Internationale Studien (CSIS) in Washington. Mit Sorge erfülle die Märkte die Überlegung, dass eine Intervention in Irak beginnen könnte, während der Ausfall von Venezuela noch anhalte. Irak und Venezuela zusammen fördern etwa fünf Millionen Barrel am Tag - Ebel bezweifelt, dass eine verstärkte Produktion in anderen Ländern diesen Verlust wettmachen könnte.
Bei einer globalen Förderung von täglich 76 Millionen Barrel könnte bereits der Ausfall von mehreren Millionen zu einem steilen Preisanstieg führen. Aber seit der Ölkrise Mitte der 70er Jahre haben sich die Märkte verändert. Damals war der Westen auf die kontinuierliche Belieferung durch arabische Staaten angewiesen. Heute kommt noch etwa ein Drittel des Öls aus dem Nahen und Mittleren Osten. Und inzwischen sind weltweit Vorräte von nahezu vier Milliarden Barrel angelegt worden, darunter fast 600 Millionen in den USA. Bei einem Ausfall von zwei Millionen Barrel am Tag würden die Vorräte der USA für 286 Tage reichen, erklärte im Sommer vergangenen Jahres die Regierung.
Steiler Preisanstieg möglich
Bei einer globalen Förderung von täglich 76 Millionen Barrel könnte bereits der Ausfall von mehreren Millionen zu einem steilen Preisanstieg führen. Aber seit der Ölkrise Mitte der 70er Jahre haben sich die Märkte verändert. Damals war der Westen auf die kontinuierliche Belieferung durch arabische Staaten angewiesen. Heute kommt noch etwa ein Drittel des Öls aus dem Nahen und Mittleren Osten. Und inzwischen sind weltweit Vorräte von nahezu vier Milliarden Barrel angelegt worden, darunter fast 600 Millionen in den USA. Bei einem Ausfall von zwei Millionen Barrel am Tag würden die Vorräte der USA für 286 Tage reichen, erklärte im Sommer vergangenen Jahres die Regierung.
"Es ist zu früh, um zu sagen, dass wir uns auf irgendeine Preisspirale nach oben oder unten zu bewegen", erklärt Yasser Elguindi von der Beratungsfirma Medley Global Advisors in New York. "Wir müssen abwarten, mit welcher Art von Konflikt wir es zu tun bekommen."
Das aus Sicht der Rohstoffmärkte schlimmste Szenario würde so aussehen, dass eine Invasion auf massiven Widerstand trifft, die Ölfelder in Flammen aufgehen und die Produktion in anderen Ländern am Golf gestört würde. Dann würden sechs Millionen Barrel täglich ausfallen, und der Ölpreis könnte auf 80 Dollar hochschnellen. Bis ins Jahr 2004 hinein würde der Ölpreis bei einer solchen Lage über 40 Dollar bleiben, was nach Einschätzung Ebels eine globale Rezession verursachen würde.
Die US-Regierung geht aber offenbar davon aus, einen Krieg in Irak in relativ kurzer Zeit erfolgreich abschließen zu können - was der Wirtschaft der USA auf längere Sicht kräftige Impulse verleihen würde. Nach einem Sturz von Saddam Hussein könnte die Welterdölförderung um täglich drei bis fünf Millionen Barrel ausgeweitet werden, schätzt Larry Lindsey, bis vor kurzem der führende Wirtschaftsberater von US-Präsident George W. Bush. Ein erfolgreicher Krieg "wäre gut für die Wirtschaft", sagte Lindsey im September vergangenen Jahres. Die US-Regierung distanzierte sich von dieser Äußerung, und Lindsey wurde in der Folgezeit abgelöst.
Die meisten Wirtschaftswissenschaftler stimmen der Einschätzung zu, dass eine Erneuerung der dezimierten Ölindustrie Iraks in einem den westlichen Industriestaaten freundlich gesonnenen Umfeld einen bleibenden positiven Einfluss auf die Weltmärkte hätte. Im Durchschnitt des vergangenen Jahres wurden in Irak etwas weniger als zwei Millionen Barrel am Tag exportiert - gemäß der Bestimmungen des UN-Programms "Öl für Lebensmittel" und ohne die illegalen Exporte. Die tatsächliche Förderung erreicht 2,0 bis 2,5 Millionen Barrel. Die wichtigsten Förderstätten liegen bei Kirkuk im Norden, östlich von Bagdad und bei Rumaila im Süden. Die Reserven werden auf 112 Milliarden Barrel geschätzt, womit Irak dicht hinter Saudi-Arabien weltweit auf Platz zwei der Erdölvorkommen liegt.
Irakische Experten haben erklärt, dass der Export innerhalb eines Jahres auf drei Millionen Barrel und innerhalb von zehn Jahren auf sechs Millionen Barrel ausgeweitet werden könnte. In den USA wird dies aber als zu optimistisch eingestuft. Der Chefvolkswirt des Amerikanischen Erdölinstituts, John Felmy, warnt: "Wenn man über Irak spricht, gibt es so viele unbekannte Faktoren. Wir sind seit Jahren nicht mehr dort gewesen."