Die Europäische Zentralbank greift den Banken in der Schuldenkrise mit neuen Milliardenhilfen unter die Arme und denkt bereits über eine Zinswende nach. Wie EZB-Chef Jean-Claude Trichet am Donnerstag nach seiner letzten großen Ratssitzung in Berlin mitteilte, legt die Zentralbank ein 40 Milliarden Euro schweres Ankaufprogramm für Pfandbriefe und andere gedeckte Anleihen auf. Zudem können die Banken sich über neue langfristige Kreditlinien bei der EZB mit Liquidität versorgen, da es zuletzt am Geldmarkt hakte. Beide Instrumente hatten sich bereits in der Finanzkrise bewährt.
Die Notenbank ließ den Leitzins zwar bei 1,5 Prozent. Trichet betonte jedoch, es sei auch "ausgiebig über das Für und Wider" einer Kappung diskutiert worden. Zugleich ließ er die Tür offen für eine Zinssenkung unter seinem Nachfolger Mario Draghi, der Trichet Anfang November ablöst.
Die EZB sieht die Konjunktur der Eurozone im Sog der Staatsschuldenkrise in schwerem Fahrwasser: "Der Ausblick für die Wirtschaft bleibt vor allem von großer Ungewissheit und stärkeren Abwärtsrisiken geprägt." Zugleich werde das Wachstum nur "sehr moderat ausfallen", betonte Trichet.
Banken leihen sich kaum noch Geld
Wegen der akuten Vertrauenskrise am Geldmarkt greift die EZB auf altbewährte Maßnahmen zurück und legt zwei langfristige Refinanzierungsgeschäfte auf: eines mit einer Laufzeit von zwölf Monaten im Oktober und ein weiteres über 13 Monate im Dezember. Die Banken sollten dabei so viel Geld bekommen, wie sie benötigten, und Planungssicherheit in Zeiten der Krise erhalten.
Der sogenannte 12-Monatstender hatte sich bereits in der Finanzkrise als Hilfe bewährt, da sich die Banken wegen des grassierenden Misstrauens untereinander kaum noch Geld liehen.
Im Sog der Staatsschuldenkrise hakt es am Geldmarkt erneut: Insbesondere Finanzinstitute aus den schuldenbeladenen Randstaaten der Eurozone wie Griechenland, Irland und Portugal sind weitgehend auf den Gang zur EZB angewiesen, da andere Banken ihnen kaum mehr Geld leihen wollen. Kaum jemand weiß, welche Risiken in den Bilanzen der Banken schlummern, die viele Staatsanleihen von Risikostaaten wie Griechenland in ihren Büchern haben. In der Finanzkrise legte die Notenbank insgesamt drei Zwölf-Monatstender auf: Beim ersten besorgten sich mehr als 1000 Banken aus der gesamten Eurozone die Riesen-Summe von 442 Milliarden Euro.
Programm ist temporär angelegt
Mit einer Neuauflage ihres Pfandbrief-Ankaufprogramms kommt ein weiteres Instrument zum Einsatz, mit dem die Notenbank bereits in der Finanzkrise gute Erfahrungen machte. Zwischen Juni 2009 und Juni 2010 kaufte die EZB solche Papiere im Volumen von 60 Milliarden Euro und belebte damit den Markt. Das neue, etwas schmaler dimensionierte Programm startet im November und soll im Herbst 2012 auslaufen.
Der Ankauf dieser als sehr sicher geltenden Papiere steht im Kontrast zum umstrittenen Erwerb von Staatstiteln der Euro-Schuldenländer. Wie lange diese auch von der deutschen Notenbank heftig kritisierten Käufe in der Grauzone zwischen Geld- und Fiskalpolitik noch weitergehen sollen, ließ Trichet offen. Das Programm sei aber "temporär" angelegt, betonte der EZB-Chef.
Auf der nächsten regulären Zinssitzung in Frankfurt im November wird dann bereits der neue Präsident Draghi im EZB-Rat das Zepter schwingen. Trichet tritt nach acht Jahren an der Spitze der Zentralbank Ende des Monats ab.