Bisher sehr billige rezeptpflichtige Medikamente werden mit der Gesundheitsreform für Patienten deutlich teurer. Für Mittel aus dem Niedrigpreissegment müssten Patienten künftig etwa 200 bis 300 Millionen Euro im Jahr zusätzlich an Zuzahlungen aufbringen, sagte der Arzneimittelexperte Gerd Glaeske dem ARD-Magazin Plusminus. Das Gesundheitsministerium betonte dagegen, das neue Apothekenhonorar belaste die Patienten nicht zusätzlich, insgesamt werde ihre Eigenbeteiligung sogar geringer.
Neues Fixum pro Medikament
Hintergrund ist die neue Vergütung für Apotheker. Sie erhalten künftig unabhängig vom Arzneimittelpreis ein Fixum von 8,10 Euro plus einen prozentualen Aufschlag. Somit steigt dem Fernsehbericht zufolge zum Beispiel der Preis eines Rheumamittels für 2,18 Euro auf 10,73 Euro.
Mindestzuzahlung von fünf Euro
Deshalb zahlt der Patient auch nicht mehr 2,18 Euro zu, sondern die neue Mindestzuzahlung von fünf Euro. Die bisherige Regel, dass die Zuzahlung nicht höher sein darf als der Arzneimittelpreis, gilt zwar formal weiter. De facto kosten jedoch alle verschreibungspflichtigen Arzneien künftig 8,10 Euro plus x. Verteuert werden nach Glaeskes Worten damit etwa zehn bis 15 Prozent der Arzneien. Für rezeptfreie Mittel gilt die Regel nicht, hier dürfen die Apotheker ihre Preise selbst festlegen.
Nur per Saldo weniger Eigenbeteiligung
Wie Ministeriumssprecher Klaus Vater bestätigte, erhöht sich die Zuzahlung für Medikamente, die bisher bis zu fünf Euro kosteten. Diese Arzneimittel hätten aber einen Umsatz von weniger als einer Milliarde Euro. Dagegen hätten die Mittel, die bisher mehr als 28,50 Euro kosteten und künftig in der Apotheke billiger verkauft würden, einen Umsatz von mehr als 17 Milliarden Euro. "Per Saldo verringert also die neue Preisregelung im Rahmen einer Zehn-Prozent-Zuzahlung die Eigenbeteiligung der Versicherten", erklärte er. Dem Fernsehmagazin warf Vater Polemik vor.
Kassen hoffen auf Einsparungen
Die gesetzliche Krankenversicherung muss zwar bei den Billigpräparaten auch mehr Apothekerhonorar zahlen, erhofft sich aber von der Neuregelung insgesamt Einsparungen, wie der Bundesverband der Betriebskrankenkassen erläuterte. "Unterm Strich bleibt keine finanzielle Belastung der GKV", sagte Sprecher Florian Lanz. Er bestätigte jedoch, dass für Patienten Zuzahlungen für die bisher sehr billigen Mittel teurer würden.
Neuer Rahmenvertrag gescheitert
Die Verhandlungen zwischen Krankenkassen und Apothekern über einen neuen Rahmenvertrag zur Arzneimittelversorgung sind unterdessen gescheitert. Die Apotheker hätten auf "lukrative Rabattgeschäfte zu Lasten der Beitragszahler nicht verzichten" wollen, teilten die Spitzenverbände der Krankenkassen mit. Nun soll ein Schiedsgericht entscheiden.
'Aut-idem-Regel' gilt ab Januar nicht
Für Patienten hat dies zunächst keine unmittelbaren Folgen, wie Lanz sagte. Allerdings kann die so genannte Aut-idem-Regel nicht mehr umgesetzt werden, nach der Ärzte einen Wirkstoff aufschreiben und Apotheker ein preisgünstiges Präparat heraussuchen. Stattdessen seien Apotheker ab 1. Januar an die ärztliche Verordnung gebunden, sagte Lanz.