Anzeige
Anzeige

Handel Kunstnamen haben Konjunktur

Bei ihren Produkten setzen die Firmen auf Authentizität, bei ihren Namen nicht: Neue Firmennamen wie Arcandor, Arcelor, Aliseca & Co sorgten jüngst für Diskussionen - auch weil sie Kunstschöpfungen sind.

Kaum hatte KarstadtQuelle-Chef Thomas Middelhoff bei der Bilanzpressekonferenz Ende März den neuen Unternehmensnamen "Arcandor" verkündet, da setzte schon eine heftige Diskussion über die Neuschöpfung ein. Der Abbau der milliardenschweren Verschuldung und die erfolgreiche Rückkehr des noch vor einiger Zeit ums Überleben kämpfenden Handels- und Reisekonzerns in die schwarzen Zahlen schienen fast zur Nebensache zu werden. "Kunstnamen haben Konjunktur", stellte wenige Tage später die "Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung" fest und traf damit den Kern der Debatte.

Nicht immer gibt's eine Erklärung

Der Name Arcandor - geschaffen von der Düsseldorfer Agentur Nomen - steht in einer Reihe mit Neuschöpfungen wie Arcelor (Stahl) oder Aliseca (technischer Service des Chemieunternehmens Lanxess). Der Name Aliseca leite sich vom lateinischen Wort "alisequus" ab und bedeute "geflügelter Diener", erläuterte Lanxess. Den eigenen Kunstnamen erläuterte Lanxess in der Mitteilung nicht. KarstadtQuelle-Chef Middelhoff war dem Publikum eine genaue Übersetzung für Arcandor schuldig geblieben. "Der Name soll Verlässlichkeit, Treue und Mut vermitteln", sagte er lediglich. In fast jeder Sprachfassung existierten dazu ähnliche Assoziationen.

Mit "Goldbogen" waren schnell erste Versuche einer Übersetzung des neuen KarstadtQuelle-Namens in zahlreichen Diskussionsforen im Internet nachzulesen. "Da denkt man an Arkaden und an Gold", sagte auch der Chairman der Agentur Grey Worldwide. KarstadtQuelle gewinne damit an Glanz, so der Werbeexperte. Der Sprecher der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW), Jürgen Kurz, fühlte sich dagegen eher an das Fantasy-Epos "Herr der Ringe" erinnert. "KarstadtQuelle goes Mittelerde", sagte er unter Anspielung auf einen fiktiven Schauplatz des Romans.

Auch RAG bekommt einen neuen Namen

Kritik wurde vom Konkurrenten der Düsseldorfer Namensschöpfer laut: "Zusammengewürfelt" und "zu wenig ernsthaft" - so lautete das Urteil von Manfred Gotta, Inhaber der Agentur Gotta, über die neue Bezeichnung der KarstadtQuelle-Dachgesellschaft, die künftig nur noch als reine Finanzholding agiert. Vom Namenswechsel unberührt bleiben die Karstadt-Warenhäuser und der Quelle- Versandhandel.

Gotta selbst ist mit der geplanten Umbenennung des Essener RAG-Konzerns für eine weitere mit Spannung erwartete Wort-Neuschöpfung verantwortlich. "Der Name liegt bereits in der Schublade", sagte er. Über Details wird noch strengstes Stillschweigen bewahrt. Eines verriet der Namensschöpfer jedoch: Der neue Name werde auf das Trikot des Fußball-Bundesligisten Borussia Dortmund passen. Weil dessen Hauptsponsor RAG seinen neuen Namen noch nicht bekannt gegeben hat, laufen die BVB-Kicker derzeit mit einem Ausrufezeichen auf der Brust auf. "Mehr als 100.000 Euro" koste die Suche nach einem neuen Namen, so der Experte.

Manchmal kommt ein Namen auch zurück

Manchmal kehren jedoch auch altbekannte Traditionsnamen wieder zurück. Die Warenhauskette Karstadt Kompakt, die britischen Investoren gehört, entschied sich nach der Übernahme von ehemaligen KarstadtQuelle-Warenhäusern für die Wiederbelebung des Namens Hertie. Mit der möglicherweise bevorstehenden Trennung von Chrysler könnte sich auch für DaimlerChrysler die Namens-Frage stellen. Auf der Hauptversammlung des Konzerns wurde bereits die Forderung nach einer Wiederbelebung des alten Namens Daimler-Benz laut.

Während die RAG mit dem neuen Namen erst noch an die Börse will, muss KarstadtQuelle bei der Hauptversammlung am 10. Mai bei seinen Aktionären noch um Zustimmung für den neuen Namen werben. Notwendig für die Satzungsänderung ist eine Mehrheit von 75 Prozent. "Wenn es um persönlichen Geschmack geht, wird immer ausgiebig diskutiert", weiß DSW-Sprecher Kurz. An der Zustimmung zu Arcandor dürfte jedoch kaum ein Zweifel bestehen, meint er. Eine letzte noch offene Frage konnte KarstadtQuelle-Sprecher Jörg Howe klären: Die Betonung bei Arcandor liegt auf dem A, nicht auf dem O.

Uta Knapp/DPA DPA

Mehr zum Thema

Newsticker