Das Zimmer ist klein: Ein schmales Einzelbett, ein winziger Fernseher an der Wand, ein Schreibtischchen. Das Einzelzimmer im Hamburger Hotel Fresena im Dammtorpalais ist weit entfernt von Luxus, aber es ist sauber und gepflegt. Doch etwas stört in dem 3-Sterne-Hotel - das Zimmer hat kein eigenes WC. Laut der Internetseite des Hotels verfügen vier der 22 Zimmer über keine eigene Toilette. "Das WC befindet sich außerhalb des Zimmers, teilweise auf der gegenüberliegenden Flurseite", so das Hotel. Doch ein eigenes WC gehört zu den Mindestanforderungen an ein 3-Sterne-Hotel. Wie das Hotel die Sterne-Bewertung des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes (DEHOGA) bekommen hat, bleibt unklar. Auch die Chefin des Hotels kann dies nicht erklären.
Trickserei der Hotelbranche
"ZDFzoom" hat sich die deutsche Hotelbranche vorgeknöpft. Die Recherchen zeigen: Die Sterne-Bewertung der Hotels, die Kunden unkompliziert über die Ausstattung der Zimmer informiert, ist eine Spielwiese für Tricksereien. Die Hotels könnten sich ganz einfach selbst Sterne verleihen - und selbst wenn der Verband prüft, brauchen sich die Hoteliers keine Sorgen machen. Die Möglichkeiten, dass einige Augen bei der Kontrolle zugedrückt werden, ist groß.

Das liegt auch an den sehr schwammigen Formulierungen im Forderungskatalog. 270 Kriterien werden kontrolliert, wenn ein Hotel die Klassifizierungsgesellschaft der DEHOGA ins Haus holt. "Es wird vorgeschrieben, dass gewisse Standards da sein müssen", sagt der Tourismuswissenschaftler und Hotelexperte Martin Linne dem "ZDF". Allerdings sagt das Regelwerk nichts über den Zustand dieser Standards aus. Verbogene Kleiderbügel sind immer noch Kleiderbügel, das reicht in den Augen der Prüfer. Ausstattung kommt klar vor Qualität.
Hotelverband in der Kritik
Das wirkliche Problem ist das System der DEHOGA. Der Verband versteht sich als Interessenvertreter der Hoteliers und Gaststätteninhaber, die Mitglied im Verband sind. Doch der DEHOGA ist auch für die Sterne-Verteilung an die Hotels, die Teil des Verbands sind, zuständig. "Prüfer und Überprüfte kennen sich persönlich", sagt Linne. Der Verband verteile die Sterne an eigene, zahlende Mitglieder. "Das ist ein Club unter sich", so Linne. "Die kontrollieren sich in der Tat selbst." Eine Kontrollinstanz für die Kontrolleure fehlt. Wird ein Hotel geprüft, kommt meistens der örtliche Tourismusbeauftragte und ein DEHOGA-Hotelier.
Ein Insider bestätigte Tricksereien der Hotelbranche gegenüber dem "ZDF". "Als Hotelier kann man problemlos tricksen", berichtet der Mann, der seit über zehn Jahren in der Branche arbeitet und anonym bleiben will. So würde es vollkommen ausreichen, wenn der Hotelier die Prüfer nur in die Zimmer lasse, die frisch renoviert seien. Bei den anderen Räumen könne er eine Belegung oder Reparatur vorschieben. Die Prüfer würde dann selten nachbohren. "Und dann bekommt man die Sterne-Plakette", so der Insider.
Ein weiterer Fehler im System: Hoteliers füllen vor der eigentlichen Prüfung einen Klassifizierungbogen aus. Dort ordnen sie ihr eigenes Haus schon mal einer Sterne-Kategorie durch die vorhandene Ausstattung zu. Wie Insider berichten, würden die Hotels nur mit Stichproben kontrolliert."Das heißt, die Prüfer schauen sich nur einen Bruchteil aller Zimmer an", so das "ZDF".