Anti-Finanzlobby Neuer Job für Kevin Kühnert – das will die "Bürgerbewegung Finanzwende"

Kevin Kühnert war die große Hoffnung der SPD, nun hat er eine neue Aufgabe gefunden
Kevin Kühnert war die große Hoffnung der SPD, nun hat er eine neue Aufgabe gefunden
© Sina Schuldt / DPA
Sein Rücktritt schockte die SPD, nun heuert Kevin Kühnert bei der Anti-Finanzlobby an. Bei der "Bürgerbewegung Finanzwende" trifft er auf weitere prominente Gesichter.

Kevin Kühnert ist zurück auf der politischen Bühne – wenn auch in anderer Rolle. Vor gut einem Jahr war der SPD-Spitzenpolitiker vom Amt des Generalsekretärs zurückgetreten und hatte sich komplett aus der Politik zurückgezogen. Gesundheitliche Gründe sowie Angriffe und Hass gegen seine Person hatten ihn zu dem Schritt bewogen. Nun heuert der 36-Jährige bei der Nichtregierungsorganisation "Bürgerbewegung Finanzwende" an. 

Kühnert, der vielen als größtes politisches Talent seiner Partei galt, macht damit inhaltlich da weiter, wo er bei der SPD aufgehört hat: als Kämpfer gegen soziale und finanzielle Ungerechtigkeiten. "Extreme Ungleichheit fällt nicht vom Himmel", erklärt Kühnert in einer Mitteilung. "Sie ist menschengemacht und kann deshalb auch wieder zurückgedrängt werden." Dafür will der frühere Juso-Chef in seinem neuen Job antreten.

Kevin Kühnert tritt gegen Finanzlobby an

Finanzwende sei eine Bewegung, die ganz unterschiedliche Menschen zusammenbringe, "um ein Gegengewicht zur Finanzlobby aufzubauen", hält Kühnert fest. "Das ist dringend notwendig und ich traue Finanzwende zu, die notwendigen Kräfte zu bündeln." Bei dem überparteilichen Verein übernimmt er die Leitung des Bereichs Steuern, Verteilung und Lobbyismus.

Die Bürgerbewegung Finanzwende wurde 2018 unter anderem vom Ex-Grünen-Politiker Gerhard Schick gegründet, der sich als Bundestagsabgeordneter und Finanzexperte seiner Partei einen Namen gemacht hatte. Der Verein versteht sich als "unabhängiges und überparteiliches Gegengewicht zur Finanzlobby" und möchte den Einfluss der Finanzindustrie und ihrer Profitinteressen zugunsten einer "nachhaltigen Finanzwirtschaft" zurückdrängen. "Unser Ziel ist es, dafür zu sorgen, dass die Finanzmärkte wieder den Menschen dienen", erklärt der Verein.

Das will die Bürgerbewegung Finanzwende

Zu den definierten Zielen der Bürgerbewegung Finanzwende zählen: Bekämpfung von Finanzkriminalität, umweltfreundliche Finanzmärkte, Verbraucherschutz in Geldangelegenheiten – sowie ganz generell der Einsatz gegen die Finanzlobby.

Der Verein sitzt in Berlin-Schöneberg und beschäftigt rund 40 Mitarbeitende. Er wird nach eigenen Angaben von mehr als 17.000 Fördermitgliedern finanziert. Zu den bekannten Unterstützern zählen unter anderem die gewerkschaftsnahe Hans-Böckler-Stiftung und die gemeinnützige Schöpflin-Stiftung.

Kevin Kühnert ist nicht der erste prominente Zugang der Finanzwende. Im April 2024 hatte die renommierte Kölner Oberstaatsanwältin Anne Brorhilker überraschend den Staatsdienst quittiert, um einen Vorstandsposten im Verein zu übernehmen. Brorhilker hatte zuvor mehr als zehn Jahre die Strafverfolgung gegen Banken und ihre vermögenden Kunden im Cum-Ex-Skandal geleitet, der als größter Steuerbetrug in der Geschichte der Bundesrepublik gilt.

Prominente Cum-Ex-Jägerin im Vorstand

Brorhilker begründete damals den Wechsel mit dem Frust, dass es als Staatsanwältin schwer sei, die wirklich großen Steuerbetrüger an den Haken zu bekommen. "Der Staat ist an dieser Stelle sehr schwach aufgestellt, steht aber einer sehr gut ausgestatteten Finanzbranche gegenüber", sagte Brorhilker kürzlich im "Tagesschau"-Interview. "Das ist ein fatales Ungleichgewicht der Kräfte." In ihrer neuen Rolle bei der Finanzwende könne sie Strukturen besser anprangern und hoffentlich für Veränderung sorgen.

Die Finanzwende-Macher sind in den vergangenen Jahren immer wieder mit öffentlichkeitswirksamen Aktionen in Erscheinung getreten. So startete der Verein im Cum-Ex-Skandal Petitionen für die Straffreiheit des Whistleblowers Eckart Seith und für eine bessere Ausstattung der verantwortlichen Strafverfolgungsbehörden.

Bei einem verdeckten Test von Kreditverträgen deckte Finanzwende 2019 Mängel bei der Beratung auf, die zur Überschuldung der Kunden führen können. In der Coronakrise forderte sie einen Stopp der Dividenden-Ausschüttungen an Aktionäre von Unternehmen, die staatliche Unterstützung erhielten. Gemeinsam mit den Verbraucherzentralen setzte sich Finanzwende für ein Ende der Riester-Rente ein, da sie zu unrentabel für die Versicherten sei.

In der Personalie Kühnert sieht Finanzwende-Mitgründer und Vorstand Schick einen wichtigen Schritt für den Verein: "Als ich mit vielen anderen Finanzwende gegründet habe, hätte ich nicht unbedingt erwartet, dass hier mal ein ehemaliger SPD-Generalsekretär arbeitet."