Neue Unsicherheit für die 25.000 Karstadt-Beschäftigten: Die Verhandlungen zur Rettung des Traditionsunternehmens sind ins Stocken geraten. Karstadt-Käufer Nicolas Berggruen appellierte im "Handelsblatt" an die Bundesregierung, eine Vermittlerrolle zu übernehmen. "Es muss jemand für Deutschland und Karstadt aufstehen. Dass kann am Ende des Tages nur die Politik sein", sagte er. Die Bundesregierung müsse ein Interesse haben, Karstadt zu retten. Immerhin stünden 25.000 Arbeitplätze auf dem Spiel - und viele deutsche Innenstädte.
Berggruen verhandelt seit Wochen mit dem Vermieterkonsortium Highstreet, dem ein Großteil der von Karstadt genutzten Immobilien gehören, über Mietnachlässe. Ohne eine Einigung droht doch die Zerschlagung, da Berggruen niedrigere Mieten zur Bedingung für das Inkrafttreten des Kaufvertrages gemacht hat. Highstreet hatte selbst für Karstadt geboten, war aber nicht zum Zug gekommen. Das Konsortium hatte einen härteren Sanierungskurs angekündigt als Berggruen. Besonders die Arbeitnehmer hatten daher den Schweden favorisiert.
Das Bundeswirtschaftsministerium dämpfte Hoffnungen auf ein Eingreifen der Regierung. Die Sprecherin des Wirtschaftsministers sagte, Rainer Brüderle sehe sich nicht in einer aktiven Vermittlerrolle. Die Verhandlungen seien keine Angelegenheit des Staates, auch wenn dem Minister der Erhalt von Arbeitsplätzen wichtig sei. Die noch offenen Fragen seien aus Sicht der Regierung zunächst zwischen Berggruen und Highstreet zu klären. Berggruen selbst klagte in dem Interview: "Wir haben schon vor zehn Tagen mit Highstreet einen Kompromiss gefunden. Seither aber stockt der Prozess." Er forderte, das Pokerspiel müsse aufhören, denn das Geschäft leide darunter.
Kaufpreis 1 Euro
Nach einem Bericht der "Bild am Sonntag" zahlt Berggruen für den insolventen Warenhauskonzern selbst nur einen Euro. Allerdings würden für die Namensrechte an der "Kultmarke" Karstadt zusätzlich fünf Millionen Euro fällig. "Das ist kein ungewöhnlicher Vorgang", verteidigte ein Berggruen-Sprecher der Zeitung zufolge die minimale Kaufsumme. "Viel wichtiger sind die weiteren Verpflichtungen, die der Käufer mit dem Vertrag eingeht, um das Unternehmen wieder fitzumachen und Arbeitsplätze zu erhalten und zu schaffen."
So erhalte Karstadt von Berggruen gemäß Kaufvertrag sofort eine Kapitalspritze von 65 Millionen Euro, schrieb die Zeitung. Künftige Gewinne dürften nicht ausgeschüttet, sondern müssten reinvestiert werden.
Schwierige Verhandlungen mit Highstreet
Highstreet lehnte jeden Kommentar ab. Im Umfeld des Konsortiums wurden die Vorwürfe allerdings zurückgewiesen. Die Vermieter hätten dem Investor bereits eine Reihe von Angeboten gemacht, doch Berggruen habe sie ausgeschlagen, hieß es. Jetzt versuche der Milliardär, den öffentlichen Druck auf die Vermieter zu erhöhen.
Doch dies werde nichts bewirken. Highstreet bemühe sich, eine Lösung zu finden - aber nicht um jeden Preis. Branchenkenner hatten bereits unmittelbar nach dem Vertragsabschluss zwischen Berggruen und dem Karstadt-Insolvenzverwalter Klaus Hubert Görg vorhergesagt, dass es zu einem erbitterten Verhandlungspoker zwischen Highstreet und dem Investor kommen werde. Schließlich geht es für beide Seiten um hohe Millionenbeträge. Allerdings wird die Zeit langsam knapp. Denn das Amtsgericht Essen will am 16. Juli über den Insolvenzplan zur Rettung des Warenhauskonzerns entscheiden. Dieser Termin war schon einmal verschoben worden.