"Wenn in Argentinien die Zuckerpreise steigen, wird er bei uns gleich knapp", sagt der Wirtschaftsexperte und Unternehmensberater Luis Campos in Paraguays Hauptstadt Asunción. Das wirtschaftliche Wohlergehen des kleinen Agrarlandes hängt vor allem von den größeren Partnern Brasilien und Argentinien im gemeinsamen Markt des Südens Mercosur ab. Und da sitzt der Agrarstaat derzeit vor allem angesichts der Argentinien-Krise in der Klemme.
Starke Abhängigkeit von Argentinien
Vor allem Argentinien bereitet den Paraguayern Sorge. "Die starke wirtschaftliche Abhängigkeit vom Nachbarland Argentinien wird weitere depressive Auswirkungen mit sich bringen", schreibt die Paraguayisch-deutsche Industrie- und Handelskammer in ihrem neuesten Monatsbericht. Und was die heimischen Politiker aus eigener Kraft zum Niedergang der Wirtschaft beitragen konnten, haben sie nach Ansicht von Wirtschaftsfachleuten wie Campos auch getan. Der Regierung des scheidenden Präsidenten Gonzalez Luis Macchi wird hemmungslose Vetternwirtschaft und Korruption sowie ein aufgeblasener Beamtenapparat sowie weitgehende Tatenlosigkeit vorgeworfen.
Aufgeblasener Beamtenapparat
"Die Lohn- und Gehaltsausgaben für die etwa 230.000 öffentlichen Angestellten summieren sich zurzeit auf etwa 130 Prozent der Steuereinnahmen", sagt Campos. Löhne, Gehälter und Renten werden deshalb immer wieder mit Verspätung ausgezahlt. Investitionen in die Infrastruktur fallen völlig flach. Zudem können ausländische Kredite im Umfang von 1,2 Milliarden Dollar (1,1 Mrd Euro) nicht abgerufen werden, weil Paraguay seinen Anteil nicht finanzieren kann.
Regierung muss sich Geld pumpen
Gerade wieder versucht die Regierung, sich bei der Zentralbank Geld zu besorgen, damit die Gehaltszahlungen jedenfalls kurz vor der Präsidentenwahl an diesem Sonntag pünktlich erfolgen können. Die seit fast 50 Jahren ununterbrochene regierende Colorado-Partei wolle so ihr Wählerheer im Staatsapparat bei Laune halten, vermutet der alternative Nobelpreisträger Martín Almara. Die Zentralbank aber stellt sich wegen der Inflationsgefahr quer.
Aussichten wenig berauschend
Die gesamtwirtschaftlichen Zahlen sehen nicht berauschend aus. Im vergangenen Jahr schrumpfte das Bruttoinlandsprodukt um 4,4 Prozent, während die Bevölkerung um 2,3 Prozent wuchs. Das BIP beträgt pro Kopf nur noch umgerechnet 1510 Dollar. Die Inflation lag in 2003 bei fast 15 Prozent und die Arbeitslosenquote wird auf bis zu 26 Prozent geschätzt. Fast 35 Prozent der 5,5 Millionen Bürger leben in Armut.
Schmuggel wichtige Einnahmequelle
Die Industrie des Landes, das größer als Deutschland ist, produziert kaum exportfähige Güter. Die Landwirtschaft und auch der Schmuggel sind wichtige Einnahmequellen. Paraguay steht auf der Liste der Sojabohnenerzeuger weltweit auf Platz sechs und auch Baumwolle ist ein wichtiger Devisenbringer. Die Rindfleischexporte vor allem in die Europäische Union könnten angesichts hoher Qualität noch gesteigert werden, aber dafür bedarf es einer besseren Dokumentation der Herkunft der Rinder.
Export von Rohprodukten
Das Land führt vor allem Rohprodukte aus. "Sojabohnen nimmt uns jeder ab, aber wenn wir Sonnenblumenöl exportieren wollen, scheitern wir an Zöllen der EU", klagt Campos. Am wichtigsten für Paraguay sei die Entwicklung des Mercosur. Dies bestätigt auch der aussichtsreichste Präsidentschaftskandidat Nicanor Duarte Frutos von der Colorado-Partei.
Zahlungsverzug bei Auslandsschulden
Nur bei den Auslandsschulden steht Paraguay besser da, als Nachbar Argentinien. Bei einem BIP von fast 8,0 Milliarden Dollar betragen sie nur 2,3 Milliarden Dollar. Dennoch ist der Staat auch hier in Zahlungsverzug geraten. Als Gründe nennt Campos den zu großen Beamtenapparat und die Steuerhinterziehung von bis zu 40 Prozent. Der nächste Präsident werde vom ersten Tag seiner Amtszeit in der Klemme zwischen sozialen Forderungen nach mehr Staatsgeld und dem drohenden Default stecken.