Praxisgebühr Patienten auf dem Rückzug

"Wenn der Gesetzgeber wollte, dass weniger Patienten in die Praxen kommen, ist das gelungen" - so das Fazit des Sprechers der Kassenärztlichen Vereinigung Hamburg. Seit Jahresbeginn bleiben die Patienten aus.

Praxisgebühr und höhere Zuzahlungen für Medikamente haben bei Ärzten im Norden zu einem wahren Patientenschwund geführt. "Es gibt Einbußen bis zu 30 Prozent", bestätigte der Sprecher der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) Hamburg, Stefan Möllers, am Donnerstag. Amtskollege Robert Quentin aus Schleswig-Holstein bezifferte das Minus mit 15 bis 20 Prozent. "Wenn der Gesetzgeber wollte, dass weniger Patienten in die Praxen kommen, ist das gelungen", sagte er. Der derzeitige Rückgang bei den Patientenzahlen sei auch auf die vermehrten Arztbesuche im November und Dezember vor der Gesetzesänderung zurückzuführen.

In Hamburg gab es im Januar, dem ersten Monat der Praxisgebühr, vor allem in Facharztpraxen wie bei den Hautärzten massive Probleme. Da die Ärzte in Hamburg schon in den vergangenen zwei Jahren Einkommensverluste von rund 25 Prozent hinnehmen mussten, werde es jetzt für viele wirklich eng, sagte KV-Sprecher Möllers.

Pleitewelle droht allerdings nicht

Eine Pleitewelle bei den Arztpraxen im nördlichsten Bundesland gibt es laut Kassenärztlicher Vereinigung nicht, obwohl der finanzielle Druck auf die Ärzte wachse. Ein Problem sei aber, dass einige Ärzte angesichts der neuen Regelungen keine Lust mehr hätten, sagte KV-Sprecher Quentin. Schließlich müssten sie immer enger kalkulieren. "Der eine oder andere gibt seine Praxis auf, weil er sich das nicht mehr antun will."

Langfristig rechnet die KVSH allerdings mit einer Normalisierung der Patientenzahlen. "Die Menschen werden lernen, mit den neuen Gegebenheiten umzugehen", sagte Quentin. "Kontinuität wird es aber nicht mehr geben." Vielmehr sei eine "Wellenbewegung" zu erwarten mit weniger Patienten am Anfang und Ende eines Quartals. Viele wollten so der Gebühr von 10 Euro möglichst lange entgehen. In der Mitte eines Dreimonatsabschnitts rechne er mit einer normalen Besuchsquote.

"Beim Personal wird zuerst gespart"

In Hamburg rechnet die KV mit Entlassungen von Arzthelferinnen. "Beim Personal wird sicherlich zuerst gespart", meinte Möllers. Obwohl die Auswirkungen der neuen Reform nach der kurzen Zeit noch nicht richtig bewertet werden könnten, stehe fest, "dass sich die Situation für die niedergelassenen Ärzte weiter verschlechtert." Schon jetzt sei es offensichtlich nicht mehr attraktiv, eine eigene Praxis zu eröffnen. In Hamburg gibt es nach Worten des KV-Sprechers nur die Möglichkeit, sich als Allgemeinmediziner selbstständig zu machen. Wegen der schwierigen finanziellen Situation hätten junge Mediziner aber kein Interesse daran. Ob die Reformen zur Aufgabe von Praxen führen und in welchem Umfang sei ungewiss. "Wir müssen das erste Quartal 2004 abwarten, dann wissen wir mehr", sagte Möllers.

DPA
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