An Bulgariens Schwarzmeerküste zeichnet sich im Sommer 2003 der bisher größte Ansturm von Touristen aus dem Ausland ab. Schon im Juni waren kleine und große Hotels völlig besetzt. Die Reiseunternehmer rechnen mit einem Anstieg der Urlauberzahl zwischen Russalka im Norden und Slantschew Brjag im Süden um bis zu 30 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Thomas Cook, TUI und ITS erwarten insgesamt mehr als eine halbe Million Touristen allein aus Deutschland. Das sind neben den Russen, Briten, Franzosen, Schweden und Polen traditionell mehr als die Hälfte aller Sommerurlauber.
Prima Preis-Leistungsverhältnis
"Jetzt gibt es viele neue Kunden", erklärt Reiseunternehmer Kalin Sutew, der im Badeort Albena für ITS tätig ist. Dabei geht es um Urlauber, die früher die benachbarte Türkei, Spanien oder Tunesien besucht hatten. Die wirtschaftlichen Schwierigkeiten in Deutschland und auch in anderen EU-Staaten haben dazu geführt, dass auch die westeuropäischen Touristen verstärkt ihre Blicke nach Bulgarien richteten. Den Hauptgrund dafür sieht Sutew "im richtigen Verhältnis zwischen Preis und Leistung" aber auch im gemäßigten Klima und den Möglichkeiten für einen Kururlaub.
Auch Dorf-Urlaub möglich
Zufrieden mit den günstigen Preisen ist Erika, eine Hausfrau aus Koblenz, die zum achten Mal in Bulgarien Urlaub macht, sowie der Einzelhandelskaufmann Sven aus Bochum. Er ist mit seiner Frau und ihren zwei kleinen Kindern zum ersten Mal nach Slantschew Brjag gereist. Anspruchsvollere und zahlungskräftigere Urlauber ziehen Fünf-Sterne-Hotels vor. Als Abwechslung wird in diesem Jahr auch Dorf-Urlaub im Südosten angeboten. Feuertänze, Volksmusik, Wein- und Honigfeste sowie der neu gebaute Wasserpark "Aquapolis"in Slatni Pjassazi gehören zu den Attraktionen.
Bauboom hat auch negative Folgen
Um den Ansturm der Touristen zu bewältigen, wurden in den letzten Jahren schnellstens Hunderte von neuen Privathotels errichtet. Dieser Bauboom brachte auch zahlreiche Probleme mit sich: chaotische Baupläne, Kontraste in Architektur und Baustil, unklare Verhältnisse an den Stränden. Am schlimmsten für die Urlauber ist der schwindende Raum zwischen den Hotels, die an manchen Orten sogar zusammengewachsen sind. Die Hotelbesitzer bemängeln das Fehlen einer gezielten staatlichen Politik zur Förderung des Fremdenverkehrs durch günstige Kredite. So sind sie für Modernisierung oder Neubau auf die Kredite von vornehmlich deutschen Reiseunternehmen angewiesen, die dann «die Preise nach unten drücken».
Branche fast zur Gänze privat
Der Tourismus ist im Balkanland Bulgarien bereits zu 100 Prozent in private Hand übergegangen. Obwohl dies nicht immer durchsichtig und nach klaren Regeln geschah, hat sich doch gezeigt, dass der Staat kein guter Eigentümer war. 2002 hatten insgesamt 2,9 Millionen Ausländer ihre Sommer- oder Winterferien in Bulgarien verbracht, 8,6 Prozent mehr als im Vorjahr. Sie bescherten der Branche Einnahmen von 1,334 Milliarden Dollar (1,125 Mrd Euro). Beobachter gehen davon aus, dass 2003 zum Rekordjahr wird.