Ein erneuter Streik der Lufthansa-Piloten könnte Deutschland demnächst zum zweiten Mal innerhalb weniger Wochen ins Verkehrschaos stürzen. Die Flugkapitäne der größten europäischen Airline wollen nach den Osterferien vier Tage streiken, um den Druck auf Lufthansa in den Tarifverhandlungen zu erhöhen. Die Vereinigung Cockpit ries am Montag ihre Mitglieder bei der Lufthansa, deren Frachttochter Cargo und der Billigflugtochter Germanwings von 13. bis 16. April zum Arbeitskampf auf.
Erst Ende Februar hatten die Piloten für einen Tag die Arbeit niedergelegt. Danach war der Flugplan bei Lufthansa noch tagelang durcheinander - insgesamt fielen rund 2000 Flüge aus. Der Streik kostete das Unternehmen bis zu 50 Millionen Euro.
Noch ist es möglich, dass Lufthansa und die Gewerkschaft in den drei verbleibenden Wochen bis zum Beginn des Streiks den Konflikt am Verhandlungstisch lösen. Personen aus dem Umfeld beider Tarifparteien sagten allerdings, eine rasche Einigung sei unwahrscheinlich. Die Lufthansa erklärte, sie haben den Piloten ein angemessenes Angebot gemacht und forderte die zu einer Wiederaufnahme der Verhandlungen auf.
In dem bereits seit Monaten dauernden Konflikt geht es vor allem um den Konzerntarifvertrag (KTV), der die Arbeitsplätze und Arbeitsbedingungen der Piloten sichern soll. Die Piloten werfen der Lufthansa vor, den 1992 geschlossenen Vertrag abschaffen zu wollen. "Das Management will den bestehenden Tarifvertrag als Ganzes aufheben. Es geht um einen tarifpolitischen Freibrief, das ist eine klare Kampfansage an die Pilotenschaft", sagte ein VC-Sprecher.
Der KTV sieht unter anderem vor, dass Flugzeuge mit mehr als 70 Sitzen nur von Piloten geflogen werden, die zu den Lufthansa-Konzernbedingungen bezahlt werden. Mittlerweile will Lufthansa aber auf den hart umkämpften Kurstrecken größere Flugzeuge einsetzen, um im Wettbewerb bestehen zu können. Die Airline setzt neue Maschinen nun bei Töchtern nicht mehr unter der Marke Lufthansa ein und unterläuft damit nach Ansicht der Gewerkschaft den Vertrag.
Aus Sicht des Unternehmens ist der bestehende KTV veraltet. Lufthansa möchte nach der Wirtschaftskrise möglichst rasch in die schwarzen Zahlen zurückkehren. Sie muss vor allem im Europaverkehr sparen und fordert daher auch Zugeständnisse ihrer Belegschaft. Es gelte, "unter allen Umständen Kostensteigerungen zu vermeiden", sagte Lufthansa-Verhandlungsführer Roland Busch. Das Unternehmen will bei den Piloten eine Nullrunde durchsetzen, und bietet einen Bestandsschutz für alle KTV-Arbeitsplätze bis Ende 2012.
Ein weiterer Konfliktpunkt ist die von den Piloten befürchtete Verlagerung von Arbeitsplätzen ins Ausland. Lufthansa hat in den vergangenen Jahren unter anderem Austrian und BMI übernommen und eine eigene Tochter in Italien gegründet. Die Gewerkschaft fürchtet, dass die Fluggesellschaft sukzessive Strecken von den Töchtern fliegen lässt, deren Piloten meist weniger verdienen und so eine "Lohnspirale nach unten" in Gang setzt, sagte der VC-Sprecher. Lufthansa hatte stets betont, eine Verlagerung von Arbeitsplätzen sei nicht geplant.