Der Pharma- und Chemiekonzern Merck bietet 14,6 Milliarden Euro für die Übernahme des Konkurrenten Schering. Das Darmstädter Unternehmen bestätigte am Montagmorgen öffentlich ein Barangebot in Höhe von 77 Euro je Schering-Aktie. "Dies ist ein idealer Zusammenschluss für beide Unternehmen", sagte Merck-Geschäftsführer Michael Römer. Ein Zusammenschluss ermögliche "beiden Unternehmen einen Quantensprung, noch wettbewerbsfähiger zu werden", sagte Römer. Das vereinte neue Unternehmen werde zu einer "globalen Plattform für weiteres nachhaltiges und profitables Wachstum."
Schering lehnte die Übernahme dagegen strikt ab. Unternehmenssprecher Christof Ehrhart sagte am Montag im ZDF-Morgenmagazin: "Wir brauchen die Kombination mit Merck nicht, um eine erfolgreiche Unternehmensentwicklung darstellen zu können." Auch für die Steigerung des Unternehmenswertes sei ein Zusammenschluss überflüssig. "In Wirklichkeit schwächt eine solche Übernahme die Rolle von Schering als maßgeblicher Player in den weltweiten Märkten für Spezial-Medikamente", sagte Ehrhart am Montag im Nachrichtensender n-tv. Schering konzentriere sich auf forschungsbasierte Spezialprodukte. "Das Unternehmen, das die Hand nach uns ausstreckt, ist in diesem Bereich nur sehr schwach repräsentiert." Für Schering gelte es nun, das Angebot von Merck "in aller Ruhe und Gelassenheit" zu analysieren. "Dann wird es darum gehen, geeignete Maßnahmen zu ergreifen", sagte Ehrhart.
Merck will Schering nicht zerschlagen
Merck-Geschäftsführer Römer betonte hingegen, der Zusammenschluss beider Unternehmen habe zudem bessere Möglichkeiten die beiden wichtigsten Märkte für Arzneimittel, USA und Japan, zu erreichen. Beide Unternehmen hätten 2005 im lukrativen Markt für patentgeschützte Medikamente einen Umsatz von insgesamt 5,6 Milliarden Euro erzielt und über ein Forschungs- und Entwicklungsbudget von gemeinsam 1,3 Milliarden Euro verfügt. Im Falle einer erfolgreichen Übernahme will Merck die Schering AG entgegen Medienspekulationen nicht zerschlagen. "Eine Zerschlagung wäre widersinnig", sagte Merck-Aufsichtsratschef Wilhelm Simson am Montag. "Der Zusammenschluss werde zwei Onkologie-Geschäfte zusammenbringen, die sich sehr gut ergänzen", sagte Pharmavorstand Elmar Schnee. Onkologie ist die Fachrichtung der Medizin, die sich mit der Erforschung und Behandlung von Tumorerkrankungen wie Krebs beschäftigt.
Schering-Vorstandschef Hubertus Erlen kündigte umgehende Beratungen mit dem Aufsichtsrat an. Es habe keine Gespräche zwischen beiden Unternehmen gegeben. Dem widersprach Merck-Aufsichtsratschef Simson. "Die Gespräche haben aber nach unserer Ansicht nicht das gewünschte Ergebnis gebracht." Merck plane auch keinen Verkauf des Chemiegeschäfts. "Mercks erfolgreiches Geschäftsmodell in Pharma und Chemie wird durch den Zusammenschluss gestärkt", sagte Simson. Er betonte, dass Merck keine kartellrechtlichen Probleme erwarte. Nach den Angaben von Merck könnte eine Übernahme Synergien von rund 500 Millionen Euro pro Jahr ab 2009 freisetzen. Das Ergebnis je Merck-Aktie werde bereits vorher um mehr als zehn Prozent steigen.
Eigentümerfamilie investiert eine Milliarde Euro
Nach Römers Worten strebt Merck eine Zwischenfinanzierung der Übernahme durch Kredite von Deutscher Bank, Bear Stearns und Goldman Sachs an. Zudem sei eine Kapitalerhöhung geplant, die sich auf einen Betrag zwischen 500 Millionen Euro und vier Milliarden Euro belaufen könne. Die in der E. Merck OHG zusammengeschlossene Merck-Eigentümerfamilie will sich an der Übernahme mit einer Milliarde Euro beteiligen. "Wir stehen voll und ganz hinter dieser Transaktion", sagte der Vorsitzende des Merck-Familienrates, Jon Baumhauer: "Sie ist der richtige Schritt zu richtigen Zeit."