Die deutsche Wirtschaft ist nach Einschätzung von Finanzexperten auf gutem Weg aus der schwersten Rezession der Nachkriegszeit. Das ZEW-Barometer für die Konjunkturerwartungen verbesserte sich im August um 16,6 auf 56,1 Punkte, teilte das Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) am Dienstag mit. Das ist der höchste Wert seit April 2006. Der Anstieg beim Auftragseingang und die anziehenden Exporte sorgten dafür, dass sich die Aussichten für Deutschland weiter aufhellten, teilten die Forscher mit.
Zu Euphorie bestehe allerdings kein Anlass. "Die deutsche Konjunktur entwickelt sich synchron zur weltweiten Konjunktur und dürfte sich daher nur allmählich erholen", erklärte ZEW-Präsident Wolfgang Franz.
Auch die gegenwärtige Lage beurteilten die Börsianer besser als im Vormonat. Der Teilindex stieg um 12,1 auf minus 77,2 Punkte. Dabei habe das Wachstum im zweiten Quartal den Einschätzungen der Finanzmarktexperten Auftrieb gegeben, teilten die Forscher mit. Das Bruttoinlandsprodukt legte von April bis Juni um 0,3 Prozent zu.
"Der Tiefpunkt ist überstanden"
An den Börsen wurden die Daten mit Kursgewinnen begrüßt. Euro und Dax legten leicht zu. "Der Tiefpunkt der Krise ist überstanden", sagte Jörg Lüschow von der Westdeutschen Landesbank. Eine Erholung werde aber holprig ausfallen. Schon im vierten Quartal dürfte die Dynamik wieder nachlassen, weil die steigende Arbeitslosigkeit den Konsum belaste. Zudem sage der Indikator nichts über die Stärke der Konjunkturerholung aus, sondern nur, dass es besser werde, betonte Lüschow. Analysten hatten im Schnitt lediglich mit einem Anstieg des ZEW auf 45 Zähler gerechnet. Der historische Mittelwert des Barometers liegt dagegen lediglich bei 26,5 Punkten.
Vor allem die Aussichten für die Exporteure hellten sich nach Auskunft des ZEW wieder auf. Dabei dürfte die Belebung des Welthandels eine wichtige Rolle spielen. Das Bundeswirtschaftsministerium sieht in den weltweiten Konjunkturprogrammen und den geldpolitischen Impulsen den wichtigsten Grund für die Stabilisierung der globalen Konjunktur. "Die zuletzt kräftige Belebung der Auslandsbestellungen in der Industrie dürfte auch in den kommenden Monaten eine Stütze für Produktion und Exporte bilden." Für dieses Jahr sei zwar mit einem herben Einbruch der Ausfuhren zu rechnen, erklärte der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) zu seiner Umfrage unter 80 Außenhandelskammern. Die Aussichten seien aber besser: "Der Außenhandel wird im nächsten Jahr wieder die Lokomotivfunktion für die deutsche Wirtschaft übernehmen".
Bis sich die Wirtschaft vollständig erholt hat, dürfte es aber noch länger dauern. Denn trotz des jüngsten Wachstums lag das Bruttoinlandsprodukt im Frühjahr um 7,1 Prozent unter dem Niveau des Vorjahres. Bundesregierung und führende Wirtschaftsforschungsinstitute rechnen für 2009 mit einem Einbruch der Wirtschaftsleistung um etwa sechs Prozent.