Nach 30 Jahren noch mal an die Uni So studiert es sich an einer Online-Universität

Studieren an einer Fernuniversität
Flexibel, effizient aber teuer: Das Studium an einer Fernuniversität bietet vor allem in der Weiterbildung viele Vorteile.
© Getty Images
Viele Arbeitnehmer stehen durch die Coronakrise vor der Frage, ob sie sich für einen vollkommen neuen Job in einer anderen Branche mit einem Studium qualifizieren sollten. Dafür muss man heute nicht mehr in die Uni, sondern kann zuhause bleiben und Teilzeit studieren. Wir haben es an der IUBH ausprobiert. 

Mein erstes Semester an der Universität Hamburg liegt selbst für mich schwer vorstellbare 30 Jahre zurück. Politik und Geschichte. Am ersten Tag traf man sich unten im sogenannten Philosophenturm mit dem Professor und anderen Erstsemestern. Eine kleine Gruppe, etwa zwölf Leute. Es fühlte sich wie Einschulung an. Die leichte Aufregung, das Gebäude, der coole Studentenstatus und der Faible für das Fach schufen sogleich ein Gruppengefühl. Zumindest im Grundstudium blieb man zusammen, lernte gemeinsam, traf sich zum Essen.

Bei meinem jetzigen Schnupper-Studiengang fehlt das. Damals gab es nur Präsens-Universitäten, heute muss man für sein Studium nicht einmal mehr das Haus verlassen. Online-Fernuniversitäten bieten voll anerkannte Bachelor- und Master-Studiengänge an. Ich habe ein paar Veranstaltungen zum Social Media Marketing bei der IUBH besucht. Soviel vorweg: Von der alten Uni-Romantik bleibt in einer Online-Hochschule nicht mehr viel. 

Dafür geht es deutlich effizienter zu. Sollte es auch, denn Zeit ist im Wortsinn Geld. Je nach Fachrichtung und Abschluss 200 bis über 600 Euro pro Monat kostet das Studium an der privaten Uni. Darin inbegriffen sind alle Lernmaterialien, das Microsoft Office 365 einschließlich Outlook, exklusive Zugänge zu kostenpflichtigen Diensten wie Statista und Fachpublikationen sowie ein iPad. Das Tablet ist kein nettes “Give Away”, sondern fast schon Pflicht-Hardware für das Studium, ansonsten wäre Lernen nur am Schreibtisch vor dem Computermonitor möglich. Mit dem Tablet kommen die Unterrichtsmaterialien mit aufs Sofa, in den Park oder in die Bahn. Dank des speziellen E-Book-Formates der Unterrichtsskripte, lassen sich die Bücher auf dem Tablet mit Randnotizen versehen, Textstellen markieren und in digitale Karteikarten abspeichern. Praktisch. Hätte ich damals auch gern gehabt. 

Der digitale Campus hat seine Vorteile

Der Campus einer virtuellen Uni ist die Webseite. Bei der IUBH führt der erste Weg auf das “digitale” Uni-Gelände über die sogenannte Care-Seite. Auch so etwas hätte ich mir bei meinem analogen Studium gewünscht: Eine Verwaltungsseite für sein Studium. Gebuchte Kurse, Übersicht über Seminare, Module, Noten und Zugangsvoraussetzungen. Der Angebotskorb ist reichlich gefüllt, allerdings sollte man sich hüten, alles einzupacken, was einem interessant erscheint: Einmal gebucht, muss der Kurs durchgezogen werden. Stornierungen kosten Geld. 

Damit das nicht passiert bietet die Uni Coaches an, die im persönlichen Gespräch das Studium planen, Fragen klären, Aufwände schätzen und die Studentenlaufbahn gleich zu Beginn auf das richtige Gleis stellen sollen. Aus meiner Erstsemestergruppe damals hätten neun von zwölf so eine Beratung gut gebrauchen können. Die Fernunis konzentrieren sich bei der Beratung vor allem auf die Nöte ihrer größten Zielgruppe: den bereits im Beruf stehenden Studenten. Weiterbildung ist das Brot- und Buttergeschäft der Online-Universitäten. Bereits die Semesterplanung ist auf das Teilzeitstudium ausgerichtet, es gibt eigens Materialien zur Motivation und zu Lernmethoden. Viele Live-Kurse und Gespräche mit dem Tutor finden nach 19:00 statt. Wer zwischen Beruf, Familie und Uni steht, wird das zu schätzen wissen. 

So sieht ein Seminar aus

So sortiert geht es in den Seminarraum, der an der IUBH MyCampus heißt. Hier gibt es für jeden gebuchten Kurs alle benötigten Unterlagen. Skripte, Literaturlisten, Dokumente, Video-Vorlesungen und interaktive Vorlesungen mit zu beantwortenden Fragen am Ende. Die Basis bilden die sogenannten Skripte im Umfang von 70 bis 180 Seiten mit dem Kursinhalt. Jedes Kapitel wird von Kontrollfragen unterbrochen. Ob man den Stoff wirklich durchgeholt hat, zeigt sich also nicht am Ende, sondern gleich hier. Praktisch. 

Wer eher der audiovisuelle Typ ist, kann sich aus dem Videobereich des Kurses diverse Vorlesungen zum Thema streamen. Zumindest für meinen Bereich “Social Media Marketing” fühlte ich mich bei den vier Vorträgen indes weniger in der Uni, sondern mehr auf einer Vortragsreihe für Unternehmen, die immer noch unentschlossen sind, auf “dieses Social Media” zu setzen. Zwar hat sich die Grundmechanik der sozialen Netzwerke über die Zeit nur wenig geändert, doch jedes Jahr kommen neue Player auf den Markt und verschwinden genauso schnell wieder. Von WhatsApp als neue Plattform zu sprechen, Facebook immer noch als State-of-the-Art zu begreifen, ICQ als beliebte Chatsoftware zu bezeichnen oder bei Instagram das längst veraltete Logo zu zeigen, deutet jedoch auf einen nicht mehr zeitgemäßen Stand der Vorlesungen hin. Für die Skripte gilt das jedoch nicht. Hier geht es wissenschaftlicher zu.

Zum Schluss warten die Online-Tests, die den gesamten Stoff des Seminars abgefragen. Es ist noch nicht die offizielle Prüfung, sondern dient der Selbstkontrolle. 80 Prozent der Fragen müssen korrekt beantwortet werden. Wiederholen darf man die Tests so oft man möchte. Doch erst wenn hinter jedem Test der grüne Haken steht, ist der Weg frei für die Anmeldung zur “richtigen” Klausur. 

Echter Mehrwert: die Piazza als Ort der Schwarmintelligenz

Manchmal hilft jedoch das beste Skript oder Vorlesung nicht, der Stoff will nicht ins Hirn. Das wäre dann ein guter Zeitpunkt, um auf der Piazza vorbeizuschauen: ein eleganter Name für das gute alte Diskussionsforum. Fein sortiert nach Studiengängen und Seminaren lassen sich hier zielgerichtet die eigene Fragen posten. Erfahrene Foristen bemühen jedoch zuerst die Suche, denn garantiert stand schon mal jemand vor der gleichen Wissenslücke und erhielt eine hilfreiche Antwort.

Wie dicht die Piazzen bevölkert sind, hängt sich vom Fach ab. Mit rund 30.000 aktiven Studenten an der IUBH dürfte man seine Frage eher nicht in den wahrnehmungsfreien Raum posten. In nachgefragten Seminaren tummeln sich gern über 1000 Kommilitonen. Wenn auch das nicht hilft, bleibt immer noch der persönliche Termin mit dem zuständigen Dozenten. Viele Studenten eines Faches bilden zudem digitale Lerngruppen, die sich entweder persönlich oder in Videomeetings via Microsoft Teams oder Zoom treffen.

Wir haben damals unser Magister oder Diplom-Studium scherzhaft als Scheinstudium bezeichnet. Ein Anspielung auf den DIN A5-Zettel, auf dem der Professor oder der Dozent die erfolgreiche Kursteilnahme abzeichnete. Die Zettel sind tot. Heute arbeitet man sein Studium eher Punktgenau ab - im Wortsinn. Um die universitäre Ausbildung europaweit Vergleichen zu können, werden genormte Leistungspunkte vergeben, auch ECTS genannt. In den Studienunterlagen findet man die Angabe der Creditpoints überall. Es sind keine Noten, sondern Indikatoren für den Zeitaufwand, den ein Student für ein Fach leisten musste. Hier fließen die Vor- und Nachbereitung des Stoffes ein, die Prüfung aber auch Praktika. Pro Semester gilt es 30 ECTS zu verteilen. Wer sein Bachelorstudium in der Regelstudienzeit absolviert, muss mindestens 180 ECTS zusammen bekommen. 

Klausuren? Wann immer man will.

Am Ende des Semesters steht dann die Prüfung an. Herrlich, ich hätte damals auch gern meine Prüfungen daheim abgearbeitet, umgeben von all den schönen Nachschlagewerken und die Wände voller Spickzettel. Ein Traum, der jedoch einer bleibt. Bei der IUBH können die Klausuren entweder im Raum einer Niederlassung oder Partneruni der IUBH geschrieben werden oder in den eigenen vier Wänden und zwar zu jeder Zeit. Gerade für Berufstätige oder Studenten aus dem ländlichen Raum ist das ein verlockendes Angebot. Wer eher morgens seine Leistung am Besten abrufen kann, schreibt um sechs Uhr in der Früh. Nachteulen können selbst um Mitternacht noch an den Prüfungstisch gehen. 

Die Prüfung zuhause verlangt technische Vorbereitung. Um sicherzustellen, dass keine nicht zugelassenen Hilfsmittel verwendet werden, muss der Prüfling sich digital überwachen lassen. Auf dem Computer wird eine Software installiert, die einem Überwachungsdienst in den USA den kompletten Zugriff auf den privaten PC erlaubt. Natürlich nur für die Dauer der Prüfung. Die menschliche Aufsichtsperson kann jeden Mausklick und jede Tastatureingabe verfolgen. Ferner muss eine App auf dem Tablet oder Smartphone gestartet werden, die Zugriff auf Mikrofon und Kamera bekommt. Mit ihr kann die Aufsicht den Raum überwachen und mithören. Sich im Raum umzuschauen ist verboten, ebenso laut zu sprechen, den Tisch zu verlassen oder überhaupt aus dem Sichtfeld zu verschwinden. Wer die Regeln bricht, kann von der Prüfung ausgeschlossen werden. Klar ist: der Mensch am anderen Ende der Leitung wird den Prüfling nicht zu 100 Prozent überwachen können. Doch wahrscheinlich sitzt einem die Befürchtung im Nacken, dass er eben doch gerade hinschaut. Zudem behält sich der Dienst vor, im nachhinein bereits absolvierte Prüfungen noch einmal anzuschauen. Werden dabei Betrugsversuche entdeckt, gilt die Klausur als nicht bestanden.

Ich persönlich wäre dann doch eher der Typ für die Klausur im guten alten Seminarraum. Zumindest ein kleinwenig wohlige Unigefühle am Ende des Semesters.

henlue

PRODUKTE & TIPPS