Null Arbeitsweg, freiere Zeiteinteilung, kein Dresscode: Die neue Normalität im Homeoffice erscheint auf den ersten Blick verlockend. Doch ist sie das auch in finanzieller Hinsicht? Es macht eben doch einen Unterschied, ob das Zuhause tagsüber verlassen oder bewohnt ist. Stromkosten, Wasserkosten, Heizkosten werden deutlich steigen. Hinzu kommen Anschaffungen, die für die Arbeit erforderlich sind. Nur selten sehen der Arbeitsvertrag oder eine Betriebsvereinbarung die Erstattung solcher Ausgaben durch den Arbeitgeber vor. So lassen sich Kosten, die im Zusammenhang mit dem Homeoffice entstehen, wenigstens zum Teil über die Steuererklärung zurückholen.
Fifty-fifty ist fürs Finanzamt okay
Die gute Nachricht: Alle Arbeitsmittel, die der Erledigung beruflicher Aufgaben im Homeoffice dienen, können Sie prinzipiell als Werbungskosten von der Steuer absetzen. Dazu gehören beispielsweise Computer, Software, Smartphone, Drucker, Druckerpapier, Headset, der Schreibtisch und Schreibmaterial. Entscheidend ist allerdings, in welchem Umfang die berufliche Nutzung erfolgt. Wird ein Arbeitsmittel zu mehr als 90 Prozent für den Job verwendet, kann der komplette Anschaffungspreis steuerlich geltend gemacht werden. Beträgt der Netto-Preis mehr als 800 Euro, werden die Ausgaben über mehrere Jahre verteilt. In diesem Fall ist die jeweilige Jahresrate als Werbungskosten abziehbar. Wer ein Arbeitsmittel zu weniger als zehn Prozent für den Beruf braucht, kann dieses gar nicht absetzen. Und liegt der berufliche Nutzungsanteil zwischen zehn und 90 Prozent, werden die Kosten zwischen privater und beruflicher Nutzung entsprechend aufgeteilt. Bei einigen Arbeitsmitteln gelten für den beruflichen Anteil Pauschalen. Für den Internet- und Telefonanschluss können 20 Prozent der Ausgaben ohne Einzelnachweis abgesetzt werden, höchstens jedoch 20 Euro im Monat. Beim Computer ist sogar eine pauschale 50-50-Teilung möglich. Wer mehr geltend machen will, muss die berufliche Nutzung im Detail nachweisen.
Arbeitsecken zählen (wahrscheinlich) nicht
Wenn das Finanzamt neben den Arbeitsmitteln auch den häuslichen Arbeitsplatz anerkennen soll, gelten strengere Maßstäbe. Denn wer zu Hause am Küchentisch oder im Wohnzimmer arbeitet, hat nach jetzigem Stand keine Chance, den genutzten Arbeitsbereich anteilig geltend zu machen. Im steuerrechtlichen Sinn müssen Wohnung und Arbeitszimmer räumlich klar voneinander getrennt sein. Wollen Arbeitnehmer ihren Homeoffice-Arbeitsplatz von der Steuer absetzen, muss es sich dabei um ein separaten Raum handeln, der zu mindestens 90 Prozent beruflich genutzt wird und wie ein Büro eingerichtet ist. Im Arbeitszimmer dürfen sich keine Gegenstände befinden, die auf eine private Nutzung schließen lassen. Zu den No-Gos gehören zum Beispiel ein Gästebett, Kleiderschränke oder ein Fernseher. Zusätzlich muss neben dem Arbeitszimmer noch genügend privater Wohnraum verbleiben. Um Ansprüche beim Finanzamt glaubhaft zu machen, kann es sich auszahlen, zu unterschiedlichen Zeitpunkten aussagekräftige Fotos des Arbeitszimmers anzufertigen. Dieses Vorgehen empfiehlt sich übrigens auch für die Arbeitsecke – für den Fall, dass sich an der geltenden Rechtsprechung noch etwas ändert. Hilfreich ist zusätzlich eine Tabelle mit den exakten Nutzungszeiten.
Die Regierung macht Hoffnung
Um das Arbeitszimmer abzusetzen, müssen Arbeitnehmer noch eine weitere Hürde nehmen. Es ist derzeit nämlich noch nicht abschließend geklärt, ob es ausreicht, dass der Arbeitgeber lediglich empfohlen hat, im Homeoffice zu bleiben, obwohl das Bürogebäude noch zugänglich war. Denn nur wenn der Arbeitgeber Homeoffice ausdrücklich anordnet und der Arbeitsplatz im Betrieb nicht genutzt werden kann, ist das Arbeitszimmer nach jetziger Rechtslage steuerlich relevant. Wer eine Bescheinigung seines Arbeitgebers vorlegen kann, in welchem Zeitraum der Arbeitsplatz im Unternehmen nicht zur Verfügung stand, ist auf jeden Fall auf der sicheren Seite. Doch auch für alle anderen gibt es Hoffnung. Auf eine entsprechende Kleine Anfrage antwortete die Bundesregierung am 19. Mai (Drucksache 19/19321): „Nach Einschätzung der Bundesregierung gilt die steuerliche Abziehbarkeit der Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer nach § 4 Absatz 5 Satz 1 Nummer 6b Satz 2 und 3 EStG auch dann, wenn der Steuerpflichtige sich wegen der Corona-Krise dazu entschieden hat, von Zuhause aus zu arbeiten, oder seinen Arbeitsplatz aus Gründen des Gesundheitsschutzes nicht aufzusuchen.“ Hier bleibt abzuwarten, wie die zuständigen Finanzbehörden der Länder entscheiden.
Auch der Schornsteinfeger ist absetzbar
Wenn das Finanzamt das Arbeitszimmer anerkennt, kann jeder Arbeitnehmer dafür bis zu 1.250 Euro pro Jahr als Werbungskosten geltend machen. Um die abziehbaren Kosten zu ermitteln, wird die Fläche des Arbeitszimmers in Bezug zur Gesamtfläche der Wohnung gesetzt. Ist das Arbeitszimmer in einer 80-Quadratmeter-Wohnung beispielsweise acht Quadratmeter groß, beträgt der Anteil absetzbarer Kosten zehn Prozent. Für den Zeitraum, in dem im Homeoffice gearbeitet wurde (und nur dafür!), lässt sich demnach ein Zehntel der Miete absetzen. Bei Wohneigentum können im selben Verhältnis die Schuldzinsen für Kredite herangezogen werden. Doch Miet- bzw. Zinszahlungen sind nicht die einzigen Ausgaben, die sich auf die berufliche Nutzung des Arbeitszimmers beziehen. Anteilig können zum Beispiel auch Wasser- und Energiekosten, Grundsteuer, Müllabfuhrgebühren, Schornsteinfegergebühren und die Hausratversicherung abgesetzt werden.
Vorsicht bei der Fahrtkostenpauschale
Arbeit im Homeoffice wirkt sich steuerlich aber nicht nur positiv aus. Zwar kann der Arbeitsweg pauschal mit 30 Cent pro Entfernungskilometer angesetzt werden. Doch natürlich gilt das nur für Arbeitstage, an denen dieser Weg tatsächlich gefahren wird. Urlaubs- und Krankentage dürfen nicht berücksichtigt werden – ebenso wenig wie die Tagen im Homeoffice. Auch Berufspendler, die einen Freibetrag auf ihrer elektronischen Lohnsteuerkarte eingetragen haben, müssen es dem Finanzamt mitteilen, wenn sich die genehmigte Lohnsteuerermäßigung ändert.
Bei Kurzarbeitergeld kann sich Einzelveranlagung lohnen
Nicht nur das Homeoffice prägt seit der Corona-Krise das Berufsleben in Deutschland – viele Arbeitnehmer mussten in Kurzarbeit gehen. Im Mai hatte die Zahl der Kurzarbeiter den historischen Höchststand von 6,7 Millionen Menschen erreicht. Für die meisten hat auch das steuerliche Konsequenzen. Denn Kurzarbeitergeld ist zwar lohnsteuerfrei, allerdings wird es zu den Gesamteinkünften hinzuberechnet. Dies kann dazu führen, dass für das restliche Einkommen der Steuersatz steigt und Nachzahlungen fällig werden. Arbeitnehmer, die 2020 Kurzarbeitergeld beziehen, sind übrigens verpflichtet, 2021 eine Einkommenssteuererklärung abzugeben. Für Paare kann es sich in diesem Fall lohnen, die Veranlagungsform zu prüfen. Häufig ist eine Einzelveranlagung günstiger als eine gemeinsame Steuererklärung.