Sozial- und Wirtschaftsexperten haben sich für drastische Einschnitte ins Gesundheitswesen ausgesprochen. Einer Studie der Gummersbacher Unternehmensberatung Kienbaum zufolge gibt es noch viel Spielraum für Einsparungen. Die Ausgaben der Kassen könnten um rund 16 Prozent auf rund 114,7 Milliarden Euro jährlich gedrückt werden, heißt es in der dem Magazin 'Focus Money' vorliegenden Analyse. Der Beitragssatz könnte im Durchschnitt von derzeit 14,4 Prozent auf rund 12 Prozent sinken.
So könnte gespart werden
Die Unternehmensberater schlugen unter anderem vor, Kliniken Behandlungsleitlinien aufzuerlegen. Damit könnten die Kosten jährlich um rund neun Milliarden Euro zurückgefahren werden. Bis zu 3,8 Milliarden Euro ließen sich einsparen, wenn niedergelassene Ärzte nur noch erfolgsabhängig honoriert würden. Ziel müsse es sein, Patienten schnell zu heilen. Sinnvoll erscheine überdies eine Reform der Versicherungsleistungen. So solle der Kunde wählen, welche Risiken er in welchem Umfang versichern wolle. Auch bei Arzneimitteln lasse sich sparen.
Vorschlag für Altersgrenzen wiederholt
Der Konstanzer Sozialpolitik-Professor Friedrich Breyer verteidigte im 'Rheinischen Merkur' seinen umstrittenen Vorschlag, bestimmte Kassenleistungen für ältere Menschen zu begrenzen. "Ich könnte mir gut vorstellen, dass bei der Altersgrenze von 75 Jahren ein deutlicher Effekt eintritt", sagte er. Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD), der Unions-Sozialexperte Horst Seehofer (CSU) und der Vorsitzende des Ärzteverbandes Marburger Bund, Frank Ulrich Montgomery, hatten eine Altersgrenze für teure medizinische Leistungen strikt abgelehnt.
Zoff im Bundesrat vorprogrammiert
Für Verhandlungen im Bundesrat über die Gesundheitsreform fordern die unionsgeführten Länder Veränderungen an zentralen Punkten des Gesetzesentwurfs der Bundesregierung. Statt Eigenverantwortung und Wettbewerb zu stärken, würde durch die Pläne von Rot-grün die Bürokratie aufgebläht, sagte Baden-Württembergs Sozialminister, Friedhelm Repnik (CDU), zum Auftakt des 4. Hamburger Krankenhaustages am Mittwoch. Im Mittelpunkt "eines wettbewerblichen Gesundheitssystems, das von sozialer Verantwortung geprägt ist", müsse der Patient stehen.
Politisches Überleben steht auf dem Spiel
SPD-Generalsekretär Olaf Scholz zeigte sich optimistisch, dass die Reform nicht an der Unionsmehrheit im Bundesrat scheitert. "Ich glaube, dass es niemand politisch überleben würde, wenn es keine Einigung gibt", sagte Scholz. Nach den Plänen der Bundesregierung soll die Gesetzesänderung, die bereits 2004 in Kraft treten soll, am 4. Juli abschließend im Bundestag beraten werden. Anschließend werden schwierige Verhandlungen im Bundesrat erwartet.