Klauseln in Verträgen Versicherte können auf Milliardenrückzahlung hoffen

Lebensversicherer dürfen ihre Kunden bei einer frühzeitigen Vertragskündigung nicht mehr mit Brosamen abspeisen. Verbraucherschützer rechnen nach dem BGH-Urteil mit Milliarden-Rückzahlungen.

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat einige gängige Vertragsklauseln von Kapitallebens- und privaten Rentenversicherungen für unwirksam erklärt. Das Urteil kann vor allem jenen Kunden nutzen, die vorzeitig aus ihrem Versicherungsvertrag ausgestiegen sind, erklärte am Mittwoch die #link;http://www.vzhh.de/docs/6148/themen.aspx;Verbraucherzentrale Hamburg#. Sie war in einem langjährigen Verfahren als Kläger aufgetreten.

Unwirksam sind nach der BGH-Rechtsprechung (Az. IV ZR 201/10) Bedingungen zu den Rückkaufswerten, dem Stornoabzug und der Verrechnung von Abschlusskosten. Sie führen dazu, dass Versicherungskunden hohe Verluste drohen, wenn sie ihren Vertrag nicht lange durchhalten. Bei einer Kündigung nach wenigen Jahren bekommt der Kunde möglicherweise auch gar nichts von den gezahlten Versicherungsbeiträgen zurück, weil sie vollständig für Vermittlungsprovisionen und Abschlussgebühren verwendet wurden, also bei der Versicherung und ihren Vertriebspartnern gelandet sind.

Was Kunden jetzt tun sollten

Darin liege eine unangemessene Benachteiligung des Versicherungskunden, entschied der IV. Zivilsenat des BGH am Mittwoch. Andere Klauseln seien unwirksam, weil sie nicht transparent genug seien oder den Kunden auf eine andere Weise unangemessen benachteiligten. Der BGH erklärte, er habe seine Rechtsprechung zu dem Fall "weiterentwickelt". Noch 2001 und 2005 hatte das oberste deutsche Berufungsgericht die als "Zillmerung" bekannte Praxis gebilligt.

"Das Urteil hat eine Signalwirkung für die gesamte Branche", sagte der Geschäftsführer der Verbraucherzentrale, Günter Hörmann. Er schätze die Summe, die von der Versicherungswirtschaft an ihre ehemaligen Kunden erstattet werden müsse, auf rund zwölf Milliarden Euro. Die Verbraucherzentrale forderte die Versicherer auf, von sich aus auf ihre Kunden zuzugehen und ihnen zustehende Beträge zu erstatten. Vorsorglich sollten Kunden aber ihre Ansprüche gegenüber dem Versicherer anmelden.

Versicherungsbranche hält sich bedeckt

Das Gericht stellte ausdrücklich klar, dass die Klauseln bei bestehenden und auch bei neuen Verträgen unwirksam seien. Der Deutsche Ring ist dagegen der Auffassung, dass sich das Urteil nur auf seine Versicherungsbedingungen aus den Jahren 2002 bis 2007 bezieht. Nach einer ersten Einschätzung machten die davon betroffenen, gekündigten Verträge maximal fünf Prozent des damaligen Bestandes aus. Dafür habe die Lebensversicherungs-Sparte ausreichend Vorsorge getroffen. Verträge seit 2008 und alle fondsgebundenen Lebensversicherungen seien nicht Gegenstand der Klage.

Der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) hält sich hingegen bedeckt und erklärte in Berlin, dass Verträge aus den Jahren zwischen 2001 und 2007 von dem BGH-Urteil betroffen seien. Im Fall der Abschlusskosten müssten sie gekündigt sein, aber noch nicht abgewickelt. Es lägen keine Zahlen vor, wie viele Verträge diese Voraussetzungen erfüllten. Weitere Schlussfolgerungen und Einschätzungen zu Folgerungen aus dem Urteil seien erst möglich, wenn die genaue Urteilsbegründung vorliege.

DPA · Reuters
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