Was tun? Wege durch den Konsumdschungel

Wenn es "teuer" und "sofort" sein muss: So lernt Ihr Kind den Umgang mit Geld.

Annika, 13, will hochpreisige Designerjeans

Annikas Eltern sollten sich zunächst fragen, was sie selbst kaufen, was ihnen Kleidung wert ist, und wie viel sie wofür ausgeben. Sie sollten sich informieren, was die gewünschte Jeans kostet, um mit Annika kompetent sprechen zu können. Kinder ab zehn Jahren haben oft schon ein gutes Gespür für das Preis-Leistungs-Verhältnis. Sind sich die Eltern wirklich sicher, dass die Jeans zu teuer sind, können sie einen Grundbetrag zahlen, und den Rest übernimmt das Kind. Oft nützt es, eine Zeitlang zu warten, bis die Ware reduziert wird. Im Übrigen kann man dem Jugendlichen raten, selbst mit dem Verkäufer um einen Rabatt zu feilschen. Das ist heute möglich und verhilft den Kindern zu dem Gefühl, ein mündiger Konsument zu sein. Das Kind aus der Erwachsenenebene herab abzukanzeln und einfach nur nein zu sagen ist keine gute Lösung.

Annika sagt auch, dass alle ihre Freundinnen so eine Jeans haben

Annikas Eltern können natürlich erst mal prüfen, ob das wirklich stimmt. Aber es löst das Problem nicht grundsätzlich. Es ist tatsächlich riskant, wenn ein Kind in eine Außenseiterrolle gerät. Andererseits sollten Mütter und Väter auch wissen, dass es selten nur eine große Clique innerhalb der Schule gibt; es ist also möglich, dem Gruppendruck auszuweichen. Eltern sollten ihrem Kind nahe bringen, dass nicht nur zählt, was die anderen sagen und haben, sondern auch, was das Kind selbst hat und sagt und welchen Einfluss es geltend machen kann. Ein weiteres gutes und richtiges Argument für Annika wäre: "Ihr habt die Jeans, aber ich spare und kaufe mir bald eine Musikanlage."

Joshua, 14, will unbedingt einen neuen Computer, weil der besser sei und man noch mehr damit lernen könne

Um überzeugend zu argumentieren, müssen Joshuas Eltern sich selbst über Computer und ihre Möglichkeiten schlau machen. Das ist sicherlich die größte Hürde, denn viele Eltern kennen sich nicht so gut aus wie ihre Kinder. Ist das alte Gerät wirklich überholt, ist eine Neuanschaffung ein Fall für den "Familientrust" - Paten, Großeltern, Onkel und Tanten können gefragt werden. Und das sollte Joshua auch selbst mit übernehmen.

Simon, 12, spielt erst den Wüterich und zieht sich dann schmollend zurück, um seinen Wunsch durchzusetzen

Es kommt darauf an, wie die Kommunikation zwischen Eltern und Kindern eingespielt ist. Grundsätzlich gilt: Einfach zu kapitulieren bedeutet, das Spiel verloren zu haben, und zwar für immer! Ein paar Tage Zoff sollten die Eltern in aller Freundlichkeit einfach abwettern. Dauert es länger, besteht Handlungsbedarf, weil hinter dem unerfüllten Wunsch ein ganz anderes Problem stecken kann, und darüber muss man miteinander reden. Es gibt auch einen Mittelweg, sozusagen einen Waffenstillstand: Die Eltern sollten mit Simon verabreden, sich in zwei oder vier Wochen wieder zusammenzusetzen und über den Wunsch, wenn er dann noch akut ist, zu sprechen.

Teure Schuhe für gute Noten, ist das ein Königsweg?

Tückisch, weil gute Noten ja nicht nur vom Kind allein abhängen. Und im Umkehrschluss sagt dieser Weg: Weil du kein toller Schüler bist, musst du alte Schuhe tragen. Das ist unakzeptabel. Auch die Erledigung häuslicher Pflichten sollte nicht mit Geld erkauft werden. Das gilt nicht für Extrajobs im Haushalt, also etwa das Fahrrad der Eltern zu reparieren oder die Fenster zu putzen. Wer sich da engagiert, hat einen Anspruch, belohnt zu werden. Eltern können ihren Kindern zudem helfen, indem sie ihnen bei Nachbarn oder Freunden kleinere Jobs vermitteln wie Babysitten oder Hunde ausführen.

Ilka, 11, will alles kriegen, was sie in der Werbung sieht

Nennen Sie ihr etwas, was kein Mensch braucht, beispielsweise Schokoladentaler. Sagen Sie Ilka, sie solle sich dafür einen Werbespot einfallen lassen: wie toll die sind, wie glücklich sie machen, wie die Freunde einen lieben, wenn man Schokoladentaler hat. Das ist wirklich eine wunderbare und sehr fröhliche Methode, sich gegen übertriebene Werbung zu wappnen - und sie zu entlarven. Abgesehen davon sehen Kinder TV-Spots kritischer, als die meisten Erwachsenen glauben.

Es gibt so viele billige Kopien von Markenartikeln, Schuhe, Kleider, Sonnenbrillen. Ist das ein Ausweg?

Machen wir uns nichts vor: Wer Fälschungen erwirbt, unterstützt Betrüger und macht sein Kind zum Komplizen. Und wie wollen Sie dann noch argumentieren, wenn Ihr Sohn schwarzgefahren ist oder Ihre Tochter im Kaufhaus geklaut hat? Hier ein Auge zuzudrücken und da nicht - damit begeben Sie sich auf Treibsand! Kinder registrieren sehr genau, was Väter und Mütter ihnen vorleben.

Ist es sinnvoll, Kinder über die Produktionsbedingungen einiger Markenartikel zu informieren, etwa über Niedriglöhne, Kinderarbeit, Umweltverschmutzung?

Wer wirklich darüber Bescheid weiß und nicht nur Vorurteile weitergibt, kann das natürlich machen. Kinder und Jugendliche haben ein sicheres Gespür für Ungerechtigkeiten. Falsch aber ist es, dem Kind nur die eigene Meinung aufzuzwingen.

Die Eltern haben nein gesagt. Oma und Opa haben ja gesagt, und nun hat Nadine, 8, das teure Frisierset doch bekommen.

Warum haben die Eltern nein gesagt? Grundsätzlich ist es natürlich in Ordnung, wenn die Großeltern übernehmen, wofür den Eltern das Geld gerade fehlt. Sind das aber Sachen, die gefährlich sind oder von den Eltern grundsätzlich abgelehnt werden, ist mit Oma und Opa ein Gespräch fällig.

Und wenn der Vater nein sagt und die Mutter sich überreden lässt, die teure klamotte doch zu kaufen?

Dann liegt das Problem in der Beziehung der Eltern.

Wissenschaftliche Beratung: Diplompsychologe Wilfried Griebel, Staatsinstitut für Frühpädagogik in München.

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