Sie sehen überall Spinnen. Oder anders gesagt: Wenn sie einen Raum betreten und irgendwo in einer Ecke sitzt eine Spinne, entdecken sie sie. Auch wenn sie sonst noch niemand bemerkt hat. Spinnenphobiker scheinen anders zu sehen als Menschen, die keine Angst vor den Krabbeltieren haben. Und genau dies konnte die Würzburger Psychologin Antje Gerdes nun beweisen.
Ihre Erkenntnisse setzt sie bereits in der Psychotherapeutischen Ambulanz der Würzburger Universität ein. Die Ergebnisse sind teilweise verblüffend. Frauen, die aus Angst, eine Spinne könnte plötzlich auftauchen, kaum noch ruhig fernsehen konnten, waren nach einigen Sitzungen in der Ambulanz fähig, die Vogelspinne Thekla zu besuchen, die zu Jahresbeginn in ein Terrarium neben Gerdes' Schreibtisch eingezogen war.
Wer Angst hat, kann den Blick nicht lösen
Wie Schlangen üben Spinnen seit jeher einen besonderen Reiz auf Menschen aus. Einige Menschen sind allerdings regelrecht fixiert auf Spinnen. Sie bekommen Panik, wenn sie mit einer Spinne konfrontiert werden - und sei es nur auf einem Foto. Unter 100 Menschen leiden drei bis vier Personen unter Spinnenphobie.
Bei rund 70 Spinnenphobikern untersuchte Gerdes in den vergangenen Monaten das Blickverhalten. Die Untersuchungsteilnehmer wurden an ein so genanntes Eye-Tracking-Gerät gesetzt. Dieses zeichnet die Blickbewegungen der Testperson auf und wertet sie hinsichtlich bestimmter Fragestellungen aus. Auffallend ist laut Gerdes, dass Menschen, die Angst vor Spinnen haben, ihren Blick viel schlechter von einem Spinnenbild lösen können als Menschen, denen Spinnen gleichgültig sind oder die Spinnen einfach nur eklig finden.
Dies wurde bei verschiedenen Aufgaben bestätigt, die die Testpersonen lösen mussten. Auch wenn die Konzentration auf andere Dinge gerichtet werden sollte - tauchte irgendwo während des Tests das Bild einer Spinne auf, wurde der Blick der Spinnenphobiker davon magisch angezogen.
Sie wissen, dass ihre Angst irrational ist
Gerdes Untersuchungsergebnis könnte einmal dazu dienen, Therapien auf ihre Wirksamkeit hin zu überprüfen. Nach einer erfolgreichen Verhaltenstherapie müssten die Patienten von Spinnenbildern weniger stark angezogen werden als vor der Behandlung. Es müsste leichter möglich sein, "Blickaufgaben" zu lösen, auch wenn im Blickfeld irgendwo das Bild einer Spinne zu sehen ist.
Grundsätzlich rät Gerdes dazu, eine Spinnenphobie psychotherapeutisch behandeln zu lassen. Einige Betroffene, hat die Diplompsychologin erfahren, leiden so stark unter ihrer Angst, dass ihr ganzes Leben davon beeinträchtigt ist. Spinnenphobie kann Schweißausbrüche und Atemnot hervorrufen. Gerdes ist der Fall einer Frau bekannt, die sich eine neue Wohnung suchte, sobald in ihrer alten Wohnung mehrmals eine Spinne auftauchte. In jedem Fall wissen die Betroffenen, dass ihre Angst irrational ist. Dennoch weicht das Gefühl der Bedrohung nicht.
Zu der Angst kommt starker Ekel hinzu
Die Erfolgsaussichten einer Verhaltenstherapie gegen Spinnenphobie bezeichnet Gerdes als gut. Angst vor Spinnen ist eine eindeutige Sache. Daher kann diese Angst besser behandelt werden als zum Beispiel eine soziale Phobie.
Um die Therapie weiter zu verbessern, müssten die Therapeuten ihr Augenmerk stärker darauf legen, dass zu der Angst vor Spinnen in fast allen Fällen auch noch starker Ekel kommt. Weil der Aspekt Ekel derzeit noch zu wenig beachtet werde, seien viele Spinnenphobiker nach der Therapie zwar ihre Angst los, der Ekel vor den Krabbeltieren bleibt jedoch.