RTL-Unterhaltungschef Tom Sänger So werden Casting-Kandidaten ausgewählt

Nach "DSDS" produziert RTL gerade "Mission Hollywood". Darin sucht Til Schweiger die Schauspielerinnen von morgen. RTL-Unterhaltungschef Tom Sänger sagt, wie die Teilnehmer ausgewählt werden und mit welchen Tricks Langweile vermieden wird.

Herr Sänger, RTL dreht gerade die neue Casting-Show "Mission Hollywood". Wird dabei eigentlich gesungen?

Nein, überhaupt nicht. Bei "Mission Hollywood" geht es für zwölf junge Schauspielerinnen darum, eine Rolle in einem Hollywood-Film zu bekommen, und zwar in einem Blockbuster. Das ist nicht irgendein Film, den keiner kennt, sondern der zweite Teil eines sehr bekannten Hollywood Blockbusters.

Es hätte einen gar nicht so sehr gewundert. Nachdem bei "DSDS", wo eigentlich gesungen werden sollte, ja immer mehr schauspielerische Leistungen gefragt sind.

Wie meinen Sie das?

Die Kandidaten scheinen alle sehr bemüht, auch fernab der Bühne eine ordentliche Show hinzulegen.

Tun sie das wirklich? Wenn sie ein Mädchen haben, das aus ihrem eher tristen Alltag in die Schlagerwelt flüchtet, dann ist das ja kein Schauspiel. Und wenn sie andererseits ein Mädchen haben, das bereit ist, sehr viel für ihren Erfolg zu tun, wie Annemarie Eilfeld, dann spielt sie ja auch das nicht. Die Kandidaten sind, wie sie sind.

Die Kandidatin Annemarie sagt, sie sei vom Kamerateam getäuscht worden, als sie den Konkurrenten Holger schlecht gemacht hat, so dass der vor laufenden Kameras durchdrehte. Wie stark darf man als Produzent für Krawall sorgen?

Das Produktionsteam hat Annemarie ja nicht nach den Wetteraussichten gefragt, sondern sehr gezielt danach, wen sie raus wählen würde. Die Frage hat sie beantwortet und war später irritiert, als sie mit dem, was sie gesagt hat, konfrontiert wurde. Wer von uns hat sich nicht schon mal gewünscht: 'Ach, hätte ich das doch für mich behalten!' Das war die Situation. Nicht dramatischer, aber auch nicht harmloser.

Die Konflikte werden inszeniert.

Die Show ist ein Wettbewerb, und das in der sechsten Staffel. Diesen Wettbewerb muss ich nicht inszenieren. Wenn das jetzt zehn nett aussehende, nett singende Kandidaten wären, die alle zuvorkommend zueinander wären, dann hätten wir die Entdeckung der Langeweile, aber nicht die Suche nach dem neuen Superstar.

Bekommt man mit dieser Soap-Entwicklung auf Dauer ein Glaubwürdigkeitsproblem, wenn man zu sehr die Doku-Elemente betont - statt des Singens?

Der größte Anteil der Sendung ist nach wie vor Gesang und dessen Beurteilung. Aber natürlich stellen wir die Kandidaten den Zuschauern auch vor. Wer sind sie, woher kommen sie, wie entwickeln sie sich. So lange das Verhältnis so ist, sehe ich keine Gefahr.

Findet fernab vom Juroren-Tisch eigentlich ein Biografie-Casting statt? So nach dem Motto: tappsiger Nichtschwimmer, interessanter Dialekt, den nehmen wir?

Ihre Theorie geht nicht auf, denn ab der ersten Live-Sendung geben wir als Macher das Zepter an die Zuschauer ab, die entscheiden, wer weiterkommt. Richtig aber ist: Wir suchen neben der Stimme Charaktere und Geschichten. Da haben wir nie einen Hehl draus gemacht.

Sie gestalten das aktiv mit?

Bei jedem Künstler der Welt werden Sie entdecken, dass persönliche und besondere Geschichten das Bekanntheits- und Vermarktungspotential eines Künstlers erhöhen und zum Musikgeschäft gehören. Die knapp 32.000 Bewerber haben alle einen Bogen ausgefüllt, in dem sie auch ihre Besonderheiten angeben können. Ein Teil der Kandidaten wird ausführlicher interviewt. Dabei entstehen Geschichten, nach denen wir auch suchen, keine Frage.

Es sind diesmal extrem viele Franken dabei.

(lacht) Das ist Zufall. Eigentlich sehen wir zu, dass wir regional möglichst breit vertreten sind. Der Local-Hero-Ansatz ist uns wichtig. Wenn Franken diesmal stärker vertreten ist, ist das keine Absicht.

Die kommen immer weiter.

Vielleicht haben die Franken eine große lokale Identität. Offensichtlich hat sich daraus eine starke Fanbase entwickelt. Regional gedacht entwickelt sich unglaublich viel Identifikationspotential zu den Kandidaten.

Der Popstar Seal, der kürzlich bei "DSDS" zu Gast war, hat in einem Promi-Magazin kritisiert, musikalisch seien ihm zu viele Pfeifen vertreten.

Ich hab's nicht gelesen, fänd's aber bedauerlich, wenn Seal einerseits die Promotion-Fläche von sechs Millionen Zuschauern für seine CD mitnimmt und sich andererseits, wenn es denn tatsächlich so war, derart despektierlich äußert. Unabhängig davon: Ich finde es gut, wenn viel über uns diskutiert, gelacht, gestritten, oder auch mal geweint wird. Es bleibt jedem überlassen, seine Meinung zu sagen.

Er könnte es besser, soll er auch gesagt haben.

Soll er machen. Wir können ja am Ende mal die Chart-Positionen vergleichen, dann gucken wir mal, wo der Sieger von "DSDS" eingestiegen ist und wo Seal steht.

Er wird also Dieter Bohlen nicht ersetzen.

"DSDS" ohne Dieter Bohlen wäre langweilig.

Seals Frau Heidi Klum macht bei ProSieben mit ihrer Topmodel-Suche gute Quoten. "Mission Hollywood" will dieselbe Zielgruppe bedienen, oder?

"Mission Hollywood" soll junge Frauen ansprechen, damit ist die Antwort. ja. Wir starten direkt und ohne Umwege mit den Charakteren, mit zwölf jungen Nachwuchsschauspielerinnen und ihrem Kampf um die Filmrolle.

Gibt Schweiger bei "Mission Hollywood" den Bohlen und holzt ordentlich?

Nein, Til Schweiger ist ein ganz anderer Typ als Dieter Bohlen. Er ist dort der Entscheider, der das schauspielerische Können beurteilt. Dann gibt es noch Bernard Hiller, der mit namhaften Schauspielern als Coach gearbeitet hat - Cameron Diaz etwa. Außerdem kommen wechselnde Gast-Juroren dazu.

Schweiger wird auch keine Heidi Klum sein.

Auch das nicht. Er ist ja selbst ein starker Charakter mit eigenem Profil. Er ist mit der erfolgreichste deutsche Schauspieler in Hollywood und hat auch hier bei uns große Erfolge vorzuweisen. Er ist als Til Schweiger da.

Haben Sie bei "DSDS" eigentlich einen Favoriten? Aus Franken vielleicht?

Ich würde Ihnen persönlich gerne den Gefallen tun. Aber ich halte mich auch beim sechsten Mal zurück. Mir könnte ja unterstellt werden, ich wüsste zu viel. Aber ich kann Sie beruhigen: Am Ende wird bei "DSDS" immer eine gute Stimme gewinnen.

Interview: Johannes Gernert

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