Umdenken in der Küche Unsere "moderne" Ernährung macht viele dick und krank. Was Ihrem Körper guttut – und was nicht

Abnehmen und sich gesund ernähren: Ein Tisch voller Obst und Gemüse
Zugreifen, bitte: Wir sehnen uns nach Lebensmitteln, die genussvoll und gesund sind
© Getty Images/Image Source
Vier von fünf Deutschen ist gesunde Ernährung wichtig, doch mehr als jeder Zweite hat Übergewicht. Wir essen uns dick und krank, obwohl wir das Gegenteil wollen. Zeit für ein Umdenken: Wir verraten Ihnen, wie es besser geht.

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Mit einem Zischen gleiten die Zucchinibällchen in die heiße Pfanne. Im Topf daneben dampfen gelbe Platterbsen. Michalis Josing rührt schnell noch einmal um, ehe er sich den Minzblättern auf dem Schneidebrett zuwendet. Er hackt das Grün klein, verquirlt es mit Joghurt und komplettiert das Ganze mit etwas Olivenöl, Salz und Pfeffer. Mengenangabe: Bauchgefühl. Bald breiten sich Rost- und Minzaromen im Raum aus. Man muss sich schon in Erinnerung rufen, dass das hier ein griechisches Restaurant ist. 

Vieles, was Deutsche gemeinhin mit griechischer Kost verbinden, sucht man in der Küche des "Dionysos" in Hamburg nämlich vergebens, die Pommesberge etwa oder große Grillplatten. Stattdessen steht stets viel Gemüse auf der Speisekarte von Chef Michalis Josing, auch heute. Fava zum Beispiel, das Püree aus gelben Platterbsen. Dazu griechischer Salat und gebackene Zucchinibällchen mit Joghurtdip, Letztere mit dem zungenbrecherischen Namen Kolokithokeftedakia. 

Josings Spezialität sind "Mezedes", griechische Häppchen aus Gemüse, weißem Käse, auch Fisch und Fleisch. Der Gastronom kann auf eine Stammkundschaft zählen, die zu schätzen weiß, dass sie hier frische Zutaten bekommt, vor Ort zubereitet. Dem 51-Jährigen ist es wichtig, die traditionelle Küche seiner Heimat Kreta so zu zeigen, wie sie ist: frisch, vielseitig und simpel. "Ein Paradies auch für Vegetarier", sagt er.

Michalis Josing
Michalis Josing serviert "Mezedes", seine Interpretation griechischer Vorspeisen. Gekocht wird …
© Jewgeni Roppel/stern

Josings Gerichte entsprechen dabei durchaus dem, was sich die meisten Deutschen von ihrem Essen wünschen: Nach einer aktuellen Forsa-Umfrage im Auftrag des stern ist es 80 Prozent der Menschen hierzulande wichtig beziehungsweise sehr wichtig, dass ihre Mahlzeiten besonders gesund sind. Niemand möchte sich Sorgen machen müssen über schädliches Bauchfett, Herzkrankheiten, außer Kontrolle geratene Blutzuckerwerte. Trotzdem ist die Realität oft eine andere – und Gemüse auf den Tellern nur unpopuläres Beiwerk. Fertignahrung dominiert die neue Esskultur, auch wegen der Hektik unseres Alltags. Morgens schnell die Kinder fertig machen und keine Zeit mehr zum Frühstücken? Wie gut, dass noch ein Proteinshake im Kühlschrank steht! Mittags kaum Pause zwischen Briefing und Meeting? Dann schnell die Dosensuppe aufwärmen! 

Zutaten in Behältern
…mit natürlichen Zutaten: Petersilie, Zwiebeln, Tomaten, Zucchini, Linsen, dazu Mehl, Ei und Feta
© Jewgeni Roppel/stern

Dass unser Körper auf viele dieser Industrie-Kreationen nicht eingestellt zu sein scheint, vergisst man darüber. Einige hoch verarbeitete Lebensmittel stehen im Verdacht, nicht nur Übergewicht zu verursachen, sondern auch das Risiko für Krankheiten wie Diabetes, Demenz und Darmkrebs zu steigern. Noch sind die Mechanismen nicht voll erforscht. Und jeder Statistiker sagt zu Recht, dass Korrelation nicht gleich Kausalität sei – so wie graue Haare nicht die Ursache für Krankheiten des Alters sind, auch wenn sie häufig parallel auftreten. 

Die Zahl der eindeutig ernährungsabhängigen Erkrankungen steigt jedoch sichtbar: Etwa 54 Prozent der Deutschen haben Übergewicht, fast jeder Dritte leidet unter Bluthochdruck, und allein an dem Tag, an dem dieser Text von Ihnen gelesen wird, werden statistisch gesehen mehr als 1000 Menschen in Deutschland die Diagnose Diabetes Typ 2 bekommen. Wir essen uns dick und krank, obwohl wir das Gegenteil wollen. Wie konnte das passieren? Und wie finden wir zurück zu einer Ernährung, die uns nährt, aber nicht mästet? 

Erschienen in stern 02/24