Mehrere Flughäfen betroffen Chaos am BER nach Cyberangriff – diese Masche steckt dahinter

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Nach einem breit angelegten Cyberangriff auf europäische Flughäfen bekommen Passagiere die Auswirkungen auch am Montag noch zu spüren
Nach einem breit angelegten Cyberangriff auf europäische Flughäfen bekommen Passagiere die Auswirkungen auch am Montag noch zu spüren
© Michael Ukas / Picture Alliance
Ein Cyberangriff führt zu Warteschlangen und Ausfällen an mehreren großen europäischen Flughäfen. Was dahinter steckt und was Reisende jetzt wissen müssen.

Was ist passiert?

Am vergangenen Freitagabend kam es zu einem Cyberangriff auf den IT-Dienstleister Collins Aerospace, dessen Systeme an mehreren europäischen Flughäfen benutzt werden. In der Folge kam es zu weitreichenden Störungen, Abläufe wie Check-in und Gepäckaufgabe konnten seitdem zeitweise nur noch manuell durchgeführt werden. Flüge sind teilweise verspätet oder fallen bis zur Stunde ganz aus.

Welche Flughäfen sind betroffen?

Nach Angaben der europäischen Flugsicherung Eurocontrol kämpften am Wochenende neben Berlin auch die Flughäfen in Brüssel, Dublin und London-Heathrow mit Ausfällen. Der Flughafen Brüssel etwa hat die Fluggesellschaften nach eigenen Angaben gebeten, die Hälfte der am Montag geplanten Abflüge zu streichen. Vom Airport in Dublin hieß es am Sonntag, man arbeite weiter daran, die durch die technische Störung hervorgerufenen Probleme zu beheben. Bis in die Mittagsstunden hinein seien 13 Flüge gestrichen worden. Inzwischen soll es kaum noch Beeinträchtigungen geben. An den Flughäfen gab es zuvor lange Warteschlangen und Verspätungen bei einem Teil der Flüge. Zum Teil arbeiteten die Fluglinien mit Papier und Stift statt mit Computern. Koffer konnten ihren Besitzern erst am nächsten Tag nachgeschickt werden. 

Wie ist die Lage am BER in Berlin?

Es gebe lange Warteschlangen der Passagiere und deutliche Verspätungen, sagte ein Sprecher des Flughafen BER am Montagvormittag. Der Flughafen versuche alles, was möglich sei, um die Abläufe zu organisieren. Zunächst sei nur ein Flug abgesagt worden. Weiterhin sei nicht klar, wann die Systeme wieder repariert seien. Man stehe in engem Kontakt zu der amerikanischen IT-Firma, die Opfer des Cyberangriffs geworden sei, so der Sprecher. Die externe Firma hatte am Sonntagabend angekündigt, man befinde sich in den letzten Zügen der nötigen Updates, die das System wieder voll funktionsfähig machten. 

Was steckt steckt hinter dem Cyberangriff?

Nach Angaben der Cybersicherheitsagentur ENISA handelt es sich um einen Ransomware-Angriff. Dabei dringen Kriminelle in Computersysteme ein und sperren wichtige Daten oder ganze Programme, indem sie diese verschlüsseln. Erst gegen Zahlung eines Lösegelds, meist in Form von Kryptowährungen, wird oft ein Entschlüsselungscode angeboten. Laut ENISA wurde die Schadsoftware bereits identifiziert, die Strafverfolgungsbehörden sind eingeschaltet. Collins Aerospace teilte mit, dass Updates fast fertiggestellt seien und man eng mit den betroffenen Flughäfen sowie Airlines zusammenarbeite. Wer hinter der Attacke steckt, wird derzeit ermittelt.

Warum hat es Collins Aerospace getroffen?

Der Cyberangriff richtete sich nicht gegen einzelne Flughäfen, sondern gegen den IT-Dienstleister Collins Aerospace. Das US-Unternehmen stellt unter anderem Software für die Passagierabfertigung bereit – also Systeme für Check-in, Boarding und Gepäckabwicklung, die an vielen internationalen Flughäfen genutzt werden. Solche zentralen Anbieter sind für Cyberkriminelle ein attraktives Ziel. Wird ihre Infrastruktur lahmgelegt, sind gleich mehrere große Flughäfen auf einmal betroffen. 

Cybersecurity-Expertin Charlotte Wilson von der Firma Check Point erklärte der Nachrichtenagentur AP den Hintergrund so: Die Luftfahrtbranche verlasse sich in vielen Bereichen auf gemeinsam genutzte Plattformen von Drittanbietern. Hacker wüssten das und griffen deshalb verstärkt solche „Single Points of Failure“ an. Wird ein zentraler Anbieter kompromittiert, sind sofort zahlreiche Flughäfen und Airlines in mehreren Ländern betroffen – mit weitreichenden Folgen für den Flugbetrieb.

Was bedeutet das für die Passagiere?

Für Reisende heißt das vor allem: Sie müssen Geduld mitbringen und gut vorbereitet sein – insbesondere am Hauptstadtflughafen BER. Wegen der Rückflüge tausender Marathonläufer rechnete der Berliner Flughafen im Vorfeld mit einem deutlich höheren Passagieraufkommen am Montag. Mit 95.000 Passagieren würden viel mehr Menschen erwartet als an einem normalen Montag mit 75.000 bis 85.000. 

Auch wenn Flüge offiziell als planmäßig angezeigt werden, seien Verspätungen möglich, da sich Abläufe am Gate oder bei der Abfertigung verschieben können. Die Flughafengesellschaft BER rät deshalb, den Online-Check-in zu nutzen, Gepäck nach Möglichkeit selbst an Automaten aufzugeben und deutlich früher am Flughafen zu erscheinen. Airlines wiederum empfehlen ihren Passagieren, den Flugstatus engmaschig per App oder Website im Blick zu behalten.

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