"Reputation Defender" Im Namen der Ehre

  • von Matthias Lauerer
Anzügliche Fotos, prollige Videos, lächerliche Diskussionsbeiträge - die Spuren, die man im Netz hinterlässt, können einem irgendwann sehr peinlich sein. Das Unternehmen "Reputation Defender" verspricht, Schmutz der Vergangenheit aus dem Netz zu tilgen.

Ist der Ruf erst ruiniert, so lebt es sich ganz ungeniert. Dieser Satz galt früher. In Zeiten des Internets jedoch können alte Einträge in sozialen Netzwerken wie StudiVZ oder ein lustiges Video der 18. Geburtstagsfeier, hinterlegt bei "YouTube", schnell zum Bumerang werden. Besonders dann, wenn es später um einen Top-Job geht.

Hier soll der amerikanische "Reputation Defender" helfen. Das Unternehmen verspricht, alle ärgerlichen oder despektierlichen Einträge im Netz zu finden und zu löschen. Und wirbt mit den Worten: "Wetten, dass im Internet Dinge über Sie oder Ihre Familie stehen, von denen Sie nichts wissen?"

Die Mitgliedschaft kostet in den USA ab zehn Dollar (etwas mehr als sieben Euro) im Monat, eine Reinigung schlägt mit 30 Dollar (ca. 22 Euro) ins Kontor. Das Angebot ist auf Englisch, das Unternehmen durchsuche das Netzt aber auch in anderen Sprachen, heißt es auf der Website. Wie das System des Findens und vor allem Löschens von Peinlichkeiten funktioniert, ist leider ein Betriebsgeheimnis.

Persönliche Daten schützen

Die Idee für diesen Service kam dem Firmengründer Michael Fertik im Oktober 2006. Damals ging es ihm zunächst um den Schutz der Kinder, die nicht "Zeit ihres Lebens für ihre unüberlegten Fehler büßen sollten." So schilderte er seine Beweggründe dem Online-Angebot "wired.com". Doch mittlerweile hat sich das im Privatbereich gänzlich neue Geschäftsfeld im Business-Bereich bewährt. Und so lockt die Seite mit drei Angeboten: Unter "Mychild" werden die Rechte der lieben, aber manchmal wohl auch eher unartigen Kleinen geschützt und im Bedarfsfall verteidigt. Zweites Standbein ist der "MyReputation"-Service. Hier wird der eigene Ruf wiederhergestellt, und unter "MyPrivacy" wollen die Verteidiger den Verkauf persönlicher Daten, der besonders in den Staaten grassiert, stoppen.

Doch kann dieses komplette Löschen von unliebsamen Informationen im Internet tatsächlich gelingen? Zwei Dinge sprechen dagegen. Zum einen werden viele Webdaten in so genannten Caches zwischengespeichert. In diesen Speichern lassen sich sich unter Umständen auch noch ältere Informationen nach längerer Zeit wieder aufstöbern. Bestes Beispiel herfür sind plötzlich bekannt werdende Seiten, die die Betreiber dann aus einem Grund blitzschnell vom Netz nehmen lassen. So geschehen beim Webauftritt des Restaurants "da Bruno" nach dem 6-fach-Mord von Duisburg. Doch die Informationen waren noch im Cache nachzulesen.

Informationen überleben im Netz

Weiteres Problem: die "Wayback Machine", zu finden unter archive.org. Auf der Website heißt es: "Hilf uns, zwei Milliarden Internet-Seiten aus der ganzen Welt zu speichern! Dieses Projekt wurde entwickelt, um einen einzigartigen Schnappschuss des Webs zu erstellen." Hier lassen sich Seiten noch Jahre später wiederfinden.

85 Milliarden Pages wurden hier seit der Steinzeit des Internets 1996 gesammelt und gespeichert. So erfährt man beispielsweise, was bei stern.de am 16. Oktober 1997 wichtig war: Der erst 1998 auf den Markt kommenden "smart" ließ sich schon online bestellen. Und am Samstag, den 5. Dezember 1998, sah der damalige SPD-Bundes-Finanzminister Oskar Lafontaine noch "eine große Übereinstimmung mit der Finanzpolitik der USA". Wenige Monate später trat er zurück. Die beiden Beispiele zeigen: Informationen überleben im Netz sehr lange, wenn nicht sogar ewig. Bleibt also fraglich, ob der neue Service so gut funktioniert, dass die Kunden ihre schäbige Vergangenheit für vergleichsweise wenig Geld tatsächlich wieder loswerden können.

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