Netzwelt Wiki und die klugen Männer

Ein "Wiki" ist ein Online-Lexikon, an dem alle User selbst mit schreiben können. Die Wissenssammlung wird zum Trend: Immer mehr Angebote widmen sich immer spezielleren Themen.

"Knowledge-Management" nennen Manager etwas hochtrabend das Bestreben, die Fähigkeiten und Kenntnisse aller Mitarbeiter für das Unternehmen nutzbar zu machen. Ganz ohne kommerzielle Interessen ist im Internet eine Bewegung in Gang gekommen, die das Wissen einer großen Zahl von Computernutzern zusammenführt und für alle zugänglich macht. "Wiki" werden diese Projekte genannt, die wie Pilze aus dem Boden schießen und immer mehr Themenbereiche und Interessensgruppen erfassen.

Das bekannteste und auch größte Wiki ist das Online-Nachschlagewerk "Wikipedia" mit mehr als 330.000 Artikeln. Allein das deutschsprachige Angebot hält zurzeit rund 135.000 Beiträge bereit; für Ende dieses Monat ist eine CD-Ausgabe geplant. Die Mitwirkenden sind aufgerufen, möglichst neutral und kompetent zu schreiben. Da die Artikel eines Wiki nicht nur gelesen, sondern auch online geändert werden können, entfaltet das Netz gewissermaßen seine eigene Selbstreinigungskraft: Im Durchschnitt wird bisher jeder Wikipedia-Artikel 7,28 Mal geändert. Alle Neufassungen werden in einer Übersicht festgehalten, von der völligen Überarbeitung bis zum Tippfehler.

99.000 registrierte Wikipedia-Schreiber

Die "extrem hohe Offenheit" und Transparenz in der Entstehung der Online-Nachschlagewerke sei die Grundlage für den Erfolg der Wikis, erklärt Jakob Voß, der dem Vereinsvorstand von Wikimedia Deutschland angehört. "Jeder kann sich direkt beteiligen und alle Änderungen mitverfolgen", sagt der Berliner Student der Bibliothekswissenschaft. "Jeder kann freie Inhalte beisteuern, die wiederum allen zur Verfügung stehen."

Von den 99.000 registrierten Wikipedia-Schreibern sind 306 als "Administratoren" tätig. Diese achten auf die Qualität aller Beiträge, haben allgemeine Löschbefugnisse und können auch einzelne Teilnehmer vorübergehend oder auf Dauer ausschließen.

"In Zukunft wird eine stärkere Spezialisierung stattfinden"

Rund um die Wikipedia sind weitere Sammlungen entstanden: Bei "Wikibooks" gibt es Lehrbücher und andere Lernmaterialien, bei "Wikiquote" Zitate - die deutsche Ausgabe wurde erst in diesem Sommer gestartet. Weil die Software für die Wikis frei verfügbar ist, gibt es inzwischen auch zahllose Wikis zu speziellen Themen und Fachgebieten. So werden bei "Wikitravel" und bei "World66" tausende von Reisezielen beschrieben. Im "Bonsaiwiki" erfährt man alles über den Umgang mit kleinen Bäumen. Und das "Kamelopedia" sammelt skurrile Weisheiten wie die, dass die Norddeutschen nur deswegen in regelmäßigen Abständen „Moin“ sagen, damit sie im Nebel nicht zusammenstoßen.

"In Zukunft wird eine stärkere Spezialisierung stattfinden", erwartet Voß. Viele Wikis entstehen inzwischen auch aus Internet-Foren und anderen Communities für Beiträge, die über den Tag hinaus festgehalten werden sollen.

"Wiki" heißt so viel wie "schnell"

Das erste Wiki wurde bereits 1995 in den USA eingerichtet. Der in Portland, Oregon, lebende Software-Entwickler Ward Cunningham räumt ein, dass die Idee auf den ersten Blick etwas fremdartig wirkt. Wenn man aber "hineintaucht und die Links erkundet", werde man schnell überzeugt sein. Der Ursprung des Worts kommt aus der hawaiianischen Sprache, in der "wiki" so viel wie "schnell" bedeutet. Eigentlich könne niemand so genau sagen, was ein Wiki sei, meint Cunningham. "Aber es ist eine Art, asynchron im Computernetz zu kommunizieren, die Spaß macht."

Um ein eigenes Wiki aufzubauen, kann man im Internet aus einer Vielzahl von frei erhältlichen Programmen wählen. Die klassische Wiki-Software nutzt die CGI-Technik für das Speichern der Beiträge auf dem Web-Server. Es gibt aber inzwischen auch zahlreiche Anwendungen, die PHP und die freie Datenbank MySQL verwenden - Techniken, die immer mehr auch bei der Gestaltung der privaten Homepage zum Einsatz kommen.

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Peter Zschunke/AP

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