"Niedriges Risiko" Keine Warnung trotz Risikokontakt: Das steckt hinter der verwirrenden Meldung der Corona-App

Trotz einer Risiko-Begegnung kann die  Corona-Warn-App weiter von einem niedrigen Risiko ausgehen
Trotz einer Risiko-Begegnung kann die  Corona-Warn-App weiter von einem niedrigen Risiko ausgehen
© Screenshot und hocus-focus / Getty Images
Die Corona-Warn-App soll Bürger vor einer erhöhten Infektionsgefahr mit Covid-19 warnen, wenn sie Kontakt mit bestätigt infizierten Personen hatten. Doch manchmal bleibt die Warnung auch trotz Risikokontakt aus. Ein Fehler ist das nicht, im Gegenteil.

Öffnet man die Corona-Warn-App, erscheint oben groß die Einschätzung zum Infektionsrisiko. "Niedriges Risiko" heißt es dort, wenn bisher keine Warnung erfolgt ist. Dass man keinen Risikokontakt hatte, lässt sich daraus aber nicht schließen. Denn obwohl man das zunächst vermuten würde, warnt die App längst nicht immer aktiv, wenn man eine Begegnung mit einem Covid-19-Erkrankten hatte.

Das erscheint zunächst wenig intuitiv. Um die Entscheidung nachzuvollziehen, muss man zunächst die Funktionsweise der App kennen: Die Corona-Warn-App stellt im Hintergrund anonymen Kontakt mit anderen Smartphones in der Umgebung her, auf denen die App ebenfalls installiert ist. Meldet sich eine Person innerhalb von zwei Wochen als an Covid-19 erkrankt, werden alle anonym gespeicherten Personen über den Kontakt informiert. Doch nicht immer ist so ein Kontakt auch gleich gefährlich.

Nicht jeder Kontakt erhöht das Risiko

Öffnet man die App, was man nach Empfehlung der Bundesregierung einmal am Tag tun sollte, erscheint direkt unter der Einschätzung des Ansteckungsrisikos auch die Anzahl der Risiko-Begegnungen. Und dort können durchaus Kontakte verzeichnet sein, ohne dass sich die Risikobewertung erhöht hat. 

So bewertet die App den Kontakt nur dann als gefährlich, wenn man mehr als zehn Minuten in der Nähe des bestätigt Infizierten verbracht hat und der Abstand dabei unter acht Meter betrug. Trifft einer oder treffen beide Punkte nicht zu, wird das Risiko nicht als erhöht bewertet und auch keine Warnung angezeigt, informiert die App auf der Seite zur Risiko-Bewertung.

Bluetooth erlaubt keine exakte Abstandsmessung

Zu 100 Prozent sicher ist diese Bewertung allerdings nicht. Das liegt an der verwendeten Technologie: Für die Kontaktprüfung nutzt die Corona-App Bluetooth LE (low energy). Die Entscheidung für diese Technologie wurde getroffen, weil sie in fast jedem Smartphone verbaut ist und Kontakte zwischen Geräten erkennen kann, dabei aber keinen Schluss auf den Standort zulässt. Der große Nachteil: Die Entfernung zu anderen Geräten kann man nur indirekt, über die Signalstärke, bestimmen. 

"Die Technologie soll unkompliziert Geräte miteinander verbinden. Eine Messung der Entfernung war nie vorgesehen", erklärte Hannes Federrath gegenüber dem stern. Er ist Professor der Universität Hamburg und Präsident der Gesellschaft für Informatik. "Es ist wie mit dem Schall in einem Raum", erläutert Federrath die Verteilung des Signals. "Manchmal hört man entfernte Personen so, als stünden sie neben einem. Und das kann auch mit dem Bluetooth-Signal passieren." Genauso ist es denkbar, dass die Verbindung wegen Störungen nicht zustande kommt, obwohl man direkt nebeneinander steht. 

Eine Einschätzung, wie intensiv der Kontakt mit dem Erkrankten war, ist für die so Gewarnten aber ohnehin nicht möglich: Weil es weder eine Information zum Kontaktzeitpunkt noch zum Ort gibt, ist kaum nachvollziehbar, wie groß die Gefahr tatsächlich war. Das gilt allerdings auch dann, wenn die Risiko-Einschätzung hoch ist. Doch die Corona-Warn-App geht auf dieses Problem ein: Trotz trotz niedriger Risiko-Bewertung auf Symptome von Covid-19 sollte man auf Nummer sicher gehen und einen Arzt aufzusuchen, rät die App.

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