Editorial "Vergesst uns nicht!"

Liebe stern-Leser!

Was geschieht mit den deutschen Millionen-Spenden für die Tsunami-Opfer? Dieser Frage spürten stern-Redakteurin Cornelia Fuchs, stern-Mitarbeiterin Christina Schott und Fotograf Geert van Kesteren im Flutgebiet nach (Seite 26). Es geht um 516 Millionen Euro - so viel auf einmal ist nie zuvor in Deutschland gespendet worden. Und die Bundesregierung hat weitere 500 Millionen versprochen. Ob in den Touristenorten in Thailand, in den Fischerdörfern Sri Lankas oder im indonesischen Aceh - überall kamen Menschen auf die stern-Teams zu und bedankten sich herzlich für die Unterstützung aus dem Ausland mit Händeschütteln, Umarmungen und teilweise mit Tränen. In der Stadt Galle hängen an großen Kreuzungen Poster mit Grüßen an die Helfer aus der ganzen Welt. "Danken Sie den Spendern in Deutschland", gab der Fischer James Sekliki im Übergangslager für Flutopfer im Norden Sri Lankas dem stern-Team mit. "Ohne sie hätten wir gar keine Hoffnung."

Die Nothilfe hat funktioniert, doch nun wächst die Furcht, dass der Neuanfang stockt. Die Betroffenen sehen übermächtige Beamtenapparate, sinnlose Projektplanungen und betrügerische Mitmenschen und ahnen, dass die Kontrolle des langfristigen Wiederaufbaus und die gerechte Verteilung der Spenden undurchsichtig und kompliziert werden. Es sind Hilfsorganisationen, die diesen Menschen eine Stimme geben - zum Beispiel unterstützt die deutsche Initiative "Medico International" einen Zusammenschluss von Fischerkooperativen in Sri Lanka, die gegen Pläne protestieren, sie weitab vom Meer in seelenlose neue Siedlungen zu verfrachten. Die ersten Demonstrationen dieser Fischer beobachtet Sri Lankas Regierung mit Sorge - ihr Ruf steht auf dem Spiel. "Vergesst uns nicht", bat der Fischer James Sekliki die Reporter "Fragt immer wieder nach, was mit uns und euren Spenden geschieht." Wir werden uns weiter darum kümmern! Für die Aktion "Schulen helfen Schulen" der stern-Stiftung kamen bislang 1050255,30 Euro zusammen. Die Redaktion bedankt sich bei allen Schülern, Lehrern, Eltern und Firmen, die mit fantasievollen Aktionen Spenden sammelten. Im Immanuel-Kant-Gymnasium in Tuttlingen beispielsweise schickten sich die Schüler am Valentinstag untereinander Rosen - 500 Euro Spenden kamen zusammen. Eine Rose musste für 1,50 gekauft werden, zuvor waren die Blumen preiswerter von der Schülervertretung angeschafft worden. Die Stadt Staufenberg verwandelte sich während des Karnevals zu einer Piratenhochburg: Die Kinder der drei Grundschulen sammelten bei der Aufführung eines eigenen Musicals und dem Umzug zum Motto "Piraten auf Tour" 602,20 Euro.

Wir freuen uns über jeden weiteren gespendeten Euro, denn der Bau neuer Schulen in den Flutgebieten dürfte noch Jahre dauern. Die stern-Stiftung kooperiert bei diesem Projekt mit der Deutschen Welthungerhilfe, die weltweit Erfahrung im Aufbau von Schulen vorweisen kann. Die ersten 300000 Euro aus den Spendengeldern sind bereits verplant: Drei Schulen werden damit im Süden und Osten von Sri Lanka erneuert und ausgebaut, weitere werden bald folgen. Insgesamt haben sich bis Mitte April knapp 800 Schulen für eine Partnerschaft angemeldet. Genaueres über unsere Aktion lesen Sie auf Seite 36 und unter www.stern.de/schulenhelfenschulen

Herzlichst Ihr


Andreas Petzold

print