Als der stern 1995 eine Serie über das Kriegsende in Deutschland produzierte, schrieben ältere Redaktionskollegen ihre persönlichen Erinnerungen auf: Heinrich Jaenecke und Winfried Maaß (beide Jahrgang 1928) schilderten ihre Erlebnisse als "Kindersoldat" in Schleswig-Holstein bzw. als Flakhelfer in Stettin. Nun, zehn Jahre später, betreuen Jüngere die stern-Serie zum 60. Jahrestag des Kriegsendes: Die Redakteure Stefan Schmitz (Jahrgang 1964) und Arne Daniels (Jahrgang 1961) wuchsen in einer Zeit auf, in der der Wiederaufbau längst geschafft war.
Der Generationswechsel beim stern entspricht dem gesellschaftlichen Umgang mit dem Krieg: Die Zeitzeugen treten allmählich ab, aus Erinnerung wird Geschichte. Auch deshalb werden die zahlreichen Gedenkveranstaltungen bis zum Jahrestag des Kriegsendes am 8. Mai wohl zum letzten Mal in dieser Form stattfinden. Immer größer gerät der Anteil jener Deutschen, die Untergang und Befreiung nur noch aus Erzählungen, Büchern, Filmen kennen. Wie wichtig diese Vermittlung genommen wird, zeigt auch die Entscheidung von fast 1000 Lehrern an deutschen Schulen, die neue stern-Serie für ganze Klassen zu abonnieren, um sie im Politik- oder Geschichtsunterricht zu verwenden.
In sechs Folgen wird der stern authentische Lebensgeschichten aus den letzten Kriegsmonaten und den Jahren des Wiederaufbaus erzählen: vom verzweifelten Kampf um ein Dorf im Oderbruch, von einem Rotarmisten, der als Sieger und Rächer in Berlin einzieht, von den Hungerjahren in den Trümmern deutscher Städte, von Mut und Zusammenhalt, von Abrechnung. Und der Flucht vieler NS-Täter. Um die persönlichen Erlebnisse einordnen zu können, enthält die Serie zudem Analysen, Interviews, Karten und Zeitleisten.
Der Blick von Jüngeren auf das Geschehen ist oft nüchterner, sachlicher, weil es weder um eigene Schuld noch um persönlich erlebtes Grauen geht. Neben dem gelernten Historiker Daniels und dem Politologen Schmitz, der 2003 die Kriegserinnerungen von Willy Peter Reese "Mir selber seltsam fremd" herausgab, gilt dies auch für Andreas Fischer (Jahrgang 1960): Der Diplom-Grafikdesigner, spezialisiert auf Zeitgeschichte und Serien, hat den optischen Auftritt der Serie entworfen. Fischer sichtete mehrere tausend Fotos, seine Auswahl auf 31 Seiten schildert zum Auftakt die Chronik des Krieges und die Geschichte des Untergangs.
Herzlichst Ihr
Thomas Osterkorn