Die ganze Welt und mittlerweile auch ein Großteil der Amerikaner können es kaum noch erwarten, dass George W. Bush endlich aus dem Weißen Haus verschwindet. Ein Jahr noch bleibt er Präsident, doch längst herrscht Wahlkampf in den USA. In den "primaries", den wichtigen Vorwahlen, entscheiden die Anhänger der beiden Parteien in diesen Wochen über ihren jeweiligen Präsidentschaftskandidaten. Am spannendsten ist es zurzeit bei den Demokraten. Denn dort treten zwei Superstars gegeneinander an: Hillary Clinton und Barack Obama. Beide wollen den Wandel, eine neue Politik für Amerika. Die ehemalige First Lady punktet dabei mit Erfahrung und ihrem Gatten Bill; der charismatische, farbige Jungsenator Obama begeistert mit der Hoffnung auf einen echten Generationswechsel und seinem John-F.-Kennedy-Appeal.
Unsere USA-Korrespondenten Katja Gloger und Jan Christoph Wiechmann begleiteten die beiden Spitzenkandidaten auf ihrer Winterreise durch Iowa, wo am 3. Januar die erste Wahl stattfindet (Seite 22). Wer dort gewinnt, erhält den möglicherweise entscheidenden Vorsprung, um am 5. Februar, dem "Tsunami-Dienstag", die Vorwahlen in 23 weiteren Bundesstaaten zu gewinnen. "Die Ära Bush geht zu Ende", sagte Barack Obama zu Katja Gloger, "wir werden der Welt das gute Amerika zurückbringen." Hillary Clinton verwies gegenüber Wiechmann auf die Wahlerfolge von Frauen in aller Welt, speziell von Angela Merkel. "Es ist sehr ermutigend, welchen Weg sie gegangen ist. Warum sollten wir das nicht auch in Amerika hinkriegen?"
Wir haben in Deutschland mindestens zwei schwule Regierungschefs, einen schwulen Parteivorsitzenden, eine lesbische Talkmasterin - und das ist auch gut so. Homosexualität, so scheint es, regt keinen mehr auf. Wirklich? Mal ganz ehrlich: Für Eltern ist die Erkenntnis, dass ihr Sohn schwul ist, immer noch ein Schock. Sie machen sich Vorwürfe, stellen sich Fragen: Haben wir etwas falsch gemacht? War es richtig, den Jungen als Kind mit einer Barbie spielen zu lassen, ihn zum Ballett zu schicken statt auf den Fußballplatz?
stern-Mitarbeiter Michael Kraske, 35, hat für unsere Titelgeschichte mit vielen Betroffenen gesprochen und die Erfahrung gemacht: Gerade bei Familien, die sich lange mit der Homosexualität ihrer Kinder gequält haben, ist eine große Erleichterung zu spüren, nachdem sie sich schließlich doch zu Offenheit gegenüber Freunden, Verwandten und Nachbarn hatten durchringen können. Sie schämten sich dann ihrer anfänglichen Distanz zum eigenen Kind, fragten sich: Wie konnten wir nur so doof sein? Und sie waren froh, den Stolz auf ihre Kinder wiedergefunden zu haben. Unsere Titelgeschichte "Mama, ich bin schwul" lesen Sie ab Seite 48.
Herzlichst Ihr
Thomas Osterkorn