Editorial Lehren aus der Sintflut

Liebe stern-Leser! In der Bibel, im ersten Buch Moses, ließ Gott es 40 Tage und Nächte regnen, um alles Leben

Liebe stern-Leser!

In der Bibel, im ersten Buch Moses, ließ Gott es 40 Tage und Nächte regnen, um alles Leben und mit ihm alle Sünden auf der Erde zu tilgen. Nur Noah und seine Arche überlebten die Sintflut. Auch die Flutkatastrophe an Elbe und Donau ist wohl eine Folge menschlicher Sünden: Wir haben durch hemmungslosen Energieverbrauch die Klimaerwärmung, die immer häufiger zu Unwettern führt, zumindest beschleunigt. Wir haben einst beschauliche Bäche und Flüsse durch Einengen, Begradigen und Ausbaggern in bedrohliche Wasserstraßen verwandelt. Und wir haben durch Bauen in gefährdeten Gebieten und mangelhaften Deichschutz die Naturgewalten sträflich außer Acht gelassen. Zwei Dutzend stern-Reporter und Fotografen beschreiben in diesem Heft, das aus aktuellem Anlass bereits am Montag erscheint, die Katastrophe im Süden und Osten Deutschlands. Für uns ist es selbstverständlich, in so einer Situation nicht nur umfassend zu berichten, sondern auch zu helfen. Darum haben wir vergangene Woche sofort, zusammen mit RTL und der „Sächsischen Zeitung“, zu Spenden aufgerufen, und unser Verlag Gruner+Jahr hat 100 000 Euro zur Verfügung gestellt. Das gesamte Geld kommt der Caritas und dem Dresdner Verein „Lichtblick“ zugute. Als Soforthilfe wurden Decken, Matratzen, Medikamente und Trinkwasser verteilt sowie Unterbringungsmöglichkeiten organisiert. Die Caritas hilft grenzübergreifend in Deutschland, Österreich und Tschechien, „Lichtblick“ hilft Notleidenden in Sachsen. Wir unterstützen aber auch andere Initiativen. So geht von dieser Ausgabe pro Exemplar, das im Handel verkauft wird, ein Euro an die Aktion „Die Hoffnung stirbt zuletzt“ von ARD und „Bild“, deren Benefizgala auf Anhieb mehr als zehn Millionen Euro einbrachte.

Liebe Leserin und lieber Leser, helfen Sie bitte mit weiteren Spenden, die Not der Opfer zu lindern. Und lassen Sie uns dann nicht wieder zur Tagesordnung übergehen, sondern über Konsequenzen reden. Auch über das, was jeder Einzelne von uns tun kann.

Passau, Grimma, Dresden oder Magdeburg mögen für viele weit weg sein. Machen wir uns aber nichts vor: Wir alle werden für die Sünden der Vergangenheit über kurz oder lang mindestens so teuer bezahlen, wie es die Menschen in Bayern und Sachsen schon jetzt getan haben.

Herzlichst Ihr

Thomas Osterkorn