Editorial stern-Stunde zur WM

Liebe stern-Leser!

Diesmal halten Sie einen ganz besonderen stern in der Hand: Ob Politik, Wirtschaft oder Kultur - in jedem Ressort drehen sich die Themen dieser Ausgabe rund um die Fußballweltmeisterschaft. Das erscheint uns angemessen für Deutschlands meistgelesenes aktuelles Magazin, das am Tag vor dem Eröffnungsspiel erscheint. Eines der journalistischen Glanzstücke darin ist das Meisterwerk des Schweizer Fotografen Mathias Braschler und seiner Partnerin Monika Fischer. Die beiden haben es in den vergangenen Monaten geschafft, die größten Fußballstars der Welt unmittelbar nach dem Abpfiff in der Kabine zu porträtieren - dreckig, verschwitzt, keine Hochglanz-Inszenierung. "Der Spieler war quasi nackt, wehrlos", beschreibt es Braschler. Das Projekt wurde mit Hilfe der Fifa möglich, weil der Fotograf die Erlöse aus dem Verkauf des Fotobandes an die SOS-Kinderdörfer spendet. Die Fotos der 30 Kicker-Helden finden Sie ab Seite 56.

"Die Welt zu Gast bei Freunden"

ist der deutsche Slogan der Weltmeisterschaft. Wie aber wirkt das Land der Deutschen auf die Welt? Was empfindet ein Besucher, wie findet er sich zurecht, wie wirken Sitten, Gebräuche, Eigenarten auf ihn? Was eigentlich ist deutsch in den Augen eines ausländischen Gastes? Der stern bat George Koomson aus Ghanas Hauptstadt Accra um ein sehr persönliches Deutschland-bild. 14 Tage reiste der 45-jährige Journalist mit der Fotografin Regina Recht und der stern-Kollegin Gerda-Marie Schönfeld durchs Land: von Berlin über Potsdam und München ins Ruhrgebiet. Verständigungsprobleme gab es nur selten: Koomson hat am Goethe-Institut zwei Monate lang intensiv Deutsch gelernt. Der mehrfach ausgezeichnete Soziologe schreibt unter anderem für das ghanaische Kultur-Magazin "Taflatse", arbeitete für das Fernsehen seines Landes, den Rundfunk und die UN. In Deutschland war er zum ersten Mal. "Nimm einen dicken Pullover mit, der Mai kann in Deutschland sehr kühl sein", hatte ihm Eleonore Sylla vom Goethe-Institut in Accra mit auf den Weg gegeben. Im tatsächlich kühlen Mai traf er auf viele grimmige Gesichter: "Aber der Grimm galt nicht mir. Sie sind einfach so, die Deutschen. Sie schauen dich an und sagen: Bitte stör mich nicht, ich habe zu denken." Seine Eindrücke lesen Sie ab Seite 28.

Währenddessen tourte unser New Yorker Korrespondent Jan Christoph Wiechmann durch Argentinien, dem wohl fußballverrücktesten Land der Welt und "Exportweltmeister" junger Talente. Er trieb sich mit dem Fotografen Raphael Wollmann in den Armenvierteln von Buenos Aires herum, zwischen den Fans in den Bars, beim Nationalteam im Trainingslager. Und er traf den "neuen Maradona", den 18-jährigen Lionel Messi, der für den FC Barcelona spielt. Bei der Suche nach den ganz kleinen Maradonas in Villa Fiorito, jenem Viertel der Hauptstadt, in dem Diego Maradona aufwuchs, begegnete Wiechmann dem hochtalentierten Emiliano, acht Jahre alt. Der Junge wollte gleich mit nach Deutschland und fragte, ob ihn der stern-Reporter nicht bei einem Verein in der Bundesliga unterbringen könne (Seite 86).

Kollegen, die sonst beim Thema Fußball eher fremdeln, machten sich mit Vergnügen auf die Themensuche. So ging das Wissenschaftsressort der Frage nach, ob Kopfbälle doof machen (Seite 142). Und unser Nahostexperte Christoph Reuter machte sich Gedanken darüber, warum laut Koran das Fußballspiel in islamischen Ländern eigentlich verboten sein müsste (Seite 182).

Ein ganzer stern zur WM - das bedeutet, dass andere, wichtige Themen für einen Moment in den Hintergrund treten. Informationen über aktuelle Ereignisse finden Sie wie gewohnt im Internet unter www.stern.de

Herzlichst Ihr

Andreas Petzold

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