BOCHUM Umsonst ist nur der Tod

Ruhr-Universität beschließt radikale Finanzmaßnahmen für Bibliotheken

Ruhr-Universität beschließt radikale Finanzmaßnahmen für Bibliotheken

Finanzdefizite, Abbestellung, Unterversorgung - seit zwei Jahrzehnten drehen sich die Bochumer Universitätsbibliotheken im Teufelskreis. Die Buchbestände sind hoffnungslos veraltet, Abonnements wichtiger Forschungszeitschriften müssen gekündigt werden und an die Anschaffung neuer interaktiver Medien ist nicht zu denken. Um diesen stetigen Abwärtstrend endgültig zu stoppen, will das Rektorat der chronischen Unterfinanzierung mit radikalen Maßnahmen entgegenwirken.

Daher ist rechtzeitig zum Semesterstart am 1. April 2002 eine neue Gebührenordnung für die Universitätsbibliotheken in Kraft getreten: Pro entliehenem Buch werden Studenten nun wöchentlich mit 1 Euro, Mitarbeiter mit 2 Euro und Professoren mit 3 Euro Leihgebühr zur Kasse gebeten. Dieses System wird besonders den Langzeitlesern teuer zu stehen kommen. Vielleser hingegen können durch den Erwerb eines 10er-Tickets bis zu zehn Bücher pro Woche für den halben Preis entleihen. Durch die so gewonnenen Mehreinnahmen sollen zumindest die Abonnements der wichtigsten Zeitschriften für Forschung und Lehre aufrecht erhalten werden können.

2 bis 3 Millionen Euro für moderne Multimedia-Bibliotheken

Neben den Leihgebühren sollen weitere Finanzmaßnahmen die Bibliothekskassen füllen. Alle Bücher und Medien, die in den letzten zwei Jahren ungenutzt geblieben sind, sollen während des Sommerfestes und an verkaufsoffenen Sonntagen veräußert werden. Bücher, deren Urheberrecht ausgelaufen ist, werden vor dem Verkauf eingescannt und bleiben als elektronische Medien erhalten - Ausleihe selbstverständlich nur gegen eine Gebühr möglich.

Die frei gewordenen Regalflächen können von den Professoren als Handapparate - je nach Meterzahl für einen Preis zwischen 1.000 und 1.500 Euro im Jahr - angemietet werden. Insgesamt rechnet das Rektorat noch im Jahr 2002 mit Einnahmen von 2 bis 3 Millionen Euro.

Mit den erwirtschafteten Finanzmitteln sollen verstärkt interaktive Lernmedien angeschafft werden, da sowohl Studenten als auch Professoren immer weniger Bücher lesen. Die Verantwortlichen wollen künftig verstärkt ins Internet und in interaktive CDs und Videos investieren. Mithilfe dieser Maßnahmenbündel sollen sich die Bochumer Bibliotheken in den nächsten Jahren in ein Multimedia-System wandeln.

Interne Leistungsgebühren in Planung

Neben den Bibliotheken plant nun auch das Rechenzentrum der RUB eine Gebührenordnung. Seine Leistungskapazitäten könnten zukünftig intern vermarktet werden. Dies würde all jene zur Kasse bitten, die die Universitätsrechner nicht für Forschung und Lehre sondern beispielsweise zum Herunterladen von Musikdateien nutzen. In Zeiten chronischen Geldmangels ist eben nur noch der Tod umsonst - und selbst der kostet bekanntlich das Leben. (sh)

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