Wer Literatur studiert und die Möglichkeit hat, mit dem Autor über das Buch zu diskutieren, hat großes Glück. So sollte man meinen und so ist es auch - manchmal.
Am 21.12.2000 waren zwei Autoren des Buches »Tristesse Royale« zu einer Seminardiskus-sion an der Universität Hamburg eingeladen. Joachim Bessing und Eckart Nickel sprachen 90 Minuten über schlechte Kritiken, Ironie und Barbourjackenpartys. Der Besuch der beiden Nachwuchsliteraten hatte zwar gekonnten Unterhaltungswert, die Fragen nach Intention und Aussage des Buches blieben leider unbeantwortet.
Wer Literatur studiert und die Möglichkeit hat, mit dem Autor über das Buch zu diskutieren, hat großes Glück. So sollte man meinen und so ist es auch manchmal.
21. Dezember 2000, 16.15 Uhr, Raum 1331. Die Studenten strömen in den Seminarraum und die ersten, die sich gesetzt haben, sehen gespannt zur Tür, ob Joachim Bessing schon zu erblicken ist. Ein junger Mann in rotem Pullover, Jeans und mit Brille bahnt sich seinen Weg durch die Menge und setzt sich an den vorderen Tisch. Als Überraschung taucht Eckart Nickel auf, der sich neben Bessing setzt. Auch Nickel trägt keinen Anzug wie wir es von einem Neo-Dandy eigentlich erwartet hätten.
Die Diskussion dreht sich anfangs vor allem um die - ihrerseits unverständlich - schlechten Rezensionen und die geringen Verkaufszahlen des Buches »Tristesse Royale«. Ratlos wendet sich Bessing an unseren Prof. mit der Frage, was man hätte anders machen können. Die Ratlo-sigkeit zeigt sich auch dann, als Studenten nach der Aussage des Buches zu fragen beginnen. Drei gleiche Fragen bringen drei verschiedene Antworten und irgendwie bleiben alle unbe-antwortet. Nach den ersten Erläuterungen zünden sich beide Autoren eine Zigarette an, die sie in den mitgebrachten Apfelsaftschorledosen abaschen. Ein Ritual, dessen Durchführung seit den 68er Jahren niemand mehr gepflegt hatte. Bessing erzählt, dass zu Lesungen von Christian Kracht Studenten mit Barbourjacken und Jever Bier kommen, um dies als Event zu zelebrieren.
Über Literatur reden beide wenig, auch über ihre eigenen Bücher sagen sie nicht viel. Am Ende des Seminars gibt es zur Belohnung unseres Durchhaltevermögens noch einen lustigen Zeichentrickfilm über das fiktive oder auch nicht fiktive Treffen der fünf Literaten im Berliner Hotel Adlon. Das Erraten, welche der grob gezeichneten Comic-Figuren den realen Personen entspricht, stellt sich als spannendes Finale heraus. Mit vielen neuen Eindrücken verlassen die Studenten das Seminar und diskutieren untereinander noch ein bisschen.
Die Gelegenheit, mit Gegenwartsautoren über ein im Seminar behandeltes Buch zu sprechen, gibt es selten. Hier ist sie nicht genutzt worden. (yk)