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C. Tauzher: Die Pubertäterin Müdigkeit und Faulheit regieren die Ferien, wie kann man der Teenagerin nur helfen?

Eine Teenagerin schläft tief
Von der Müdigkeit übermannt. Als Nächstes kommt der Hunger.
© bymuratdeniz / Getty Images
Sommerferien und es ist um die Teenagerin geschehen: Die Geiselnehmer Faulheit und Müdigkeit zwingen sie permanent zum Rumliegen. Christiane Tauzher versucht, ihre Tochter mit einem Trick zu befreien.

Seit Beginn der Schulferien hängt die Wombi hauptsächlich herum. Die Müdigkeit und die Faulheit haben sie zu gleichen Teilen in ihrer Gewalt. Der Wombi ist das nur recht, sie ist mit Freude eine Geisel ihrer Bedürfnisse. "Lass mich, ich habe Ferien", sagt sie, wenn ich um 11 Uhr vormittags der Meinung bin, dass es Zeit wäre aufzustehen. An besonders heißen Tagen übersiedelt die Wombi in den dunklen, kühlen Keller, in dem optimale Bedingungen herrschen, sich der Trägheit hinzugeben. Immer an ihrer Seite: ihr Chihuahua Ruby.

Christiane Tauzher: Die Pubertäterin

Seit die Pubertät unsere Tochter, die Wombi, kurz nach ihrem 13. Geburtstag in ihre Gewalt bekommen hat, halten wir die Fenster geschlossen, damit die Nachbarn nicht die Polizei rufen. Die Pubertäterin ist laut und unberechenbar, wenn sie nicht gerade wie ein Wombat schläft oder isst – was sie zum Glück oft tut.

Die Geschichten, die ich – Journalistin, 41, aus Wien, verheiratet mit Olaf, 46 – hier erzähle, handeln natürlich nicht von der Pubertäterin in meiner Familie. Nein. Sie entspringen meiner blühenden Fantasie oder stammen aus anderen Familien. Dort geht es nämlich arg zu – in den anderen Familien ...

Das weiße Hündchen hat es sich angewöhnt, das zu tun, was die Wombi tut. Da die Wombi nicht viel tut, hängt die kleine Ruby auch die meiste Zeit herum. An den Körper der Wombi geschmiegt, verschläft sie ihr junges Hundeleben. Während ihre Artgenossen die Welt erschnüffeln, im Bach planschen und sich gegenseitig anbellen, döst die kleine Ruby solidarisch mit ihrer Besitzerin durch den Sommer. Sie seufzt sogar wie die Wombi und gähnt mindestens genauso oft. Essen könnte sie auch ständig. Leider hat sie das Pech, nicht viel größer als ein halber Hase zu sein und somit oft von der Wombi vergessen zu werden. Besonders dann, wenn die Wombi dabei ist, den Kühlschrank auszuwaiden. Dann ist ihr das Hündchen nämlich piepegal, sie nimmt es gar nicht wahr, wie es zu ihren Füßen unter dem Tisch entzückende Verzweiflungstänze auf den Hinterbeinen vollführt und mit den Ärmchen Winke-winke-Bewegungen macht – auf und nieder, auf und nieder gehen dann die weißen Ärmchen, die nicht länger sind als zwei Wattestäbchen.

Essen, Insta, Snapchat und dann wieder liegen, mehr geht nicht

Aber wenn die Wombi sich ein, zwei oder drei Sandwiches macht, dabei auch noch Snapchat und Insta checkt, braucht sie all ihre Kraft, um sich gegen ihre Geiselnehmer "Faulheit" und "Müdigkeit" zumindest für die Dauer der Nahrungsaufnahme zur Wehr zu setzen. Sage ich dann: "Dein Hund hat Hunger!", bekomme ich zur Antwort: "Der hat immer Hunger!" Sage ich: "Gib ihm etwas, er ist arm", sagt sie: "Gleich!" oder: "Er hat schon was gekriegt." Darauf darf man sich nie, nie, nie verlassen, denn die Wombi hat kein Zeitgefühl. Es kann sein, dass sie das Hündchen vorgestern zum letzten Mal gefüttert hat und es ihr vorkommt, als sei es vor zehn Minuten gewesen.

Immer, wenn ich das Hündchen also tanzen sehe, stelle ich ihm sein Zwergschüsselchen mit einem Fingerhut Fleisch hin und es ist jedes Mal sehr dankbar, dass ich auch noch da bin. Kurz nachdem die Wombi sich den Bauch gefüllt hat, muss sie auch schon wieder ruhen, um sich von den Strapazen, die sie ihrem Körper zugemutet hat, zu erholen. Und die kleine Ruby steigt hinter ihr die Kellertreppe hinab.

Mein Rettungsplan: Gartenarbeit

Ich beschloss, der Wombi einfache Aufgaben zuzuteilen, um die Faulitis, die sich ihrer bemächtigt hatte, auszumerzen. Ich begann mit etwas Leichtem zu einem, wie ich fand, optimalen Zeitpunkt, nämlich nach der zweiten Schlafeinheit. "Wärst du so nett und ...", fing ich an. "Waaaaas wiiiiiillst Duuuuu schooon wieeeeeeder vooooon miiiiir?", blökte mich die Wombi an. Ich hatte sie gerade beim Inspizieren des Kühlschranks gestört. "Es wäre toll, wenn du im Vorgarten die Blätter zusammenrechen und in die Tonne schmeißen könntest. Ich kann sonst nicht rasenmähen und weil es so trocken ist, kann ich ..." Wombi: "Bin ich jetzt auch schuld daran, dass es nicht geregnet hat? Und zur Strafe soll ich jetzt den Gärtner spielen?" Seufzen, Augenrollen, Kopfschütteln. Die kleine Ruby seufzte und gähnte, um ihrem Frauchen beizupflichten.

Unser Vorgarten ist übrigens mehr ein Gärtchen. Der Arbeitsaufwand war überschaubar. "Ich bitte dich", sagte ich sehr freundlich. Die Wombi fand es "total arg", dass sie dazu "genötigt werde", in den Ferien "zu arbeiten". "Es wäre mir eine große Hilfe", sagte ich. Die Wombi schimpfte, dass das nicht wahr sei und dass ich sie nur künstlich beschäftigen wolle und dass ich sooo durchschaubar wäre. Ja, sie ist ein kluges Kind. "Nein", sagte ich, "das will ich bestimmt nicht. Ich brauche einfach deine Hilfe."

"Machen das nicht die Straßenkehrer?"

Bevor die Wombi hinausging, stand sie lange am Fenster, um sich das Vorgärtchen anzusehen. "Machen das nicht die Straßenkehrer?", fragte sie dann. "Äh", sagte ich und stellte mich neben sie ans Fenster. "Siehst du das hinter dem Zaun?", fragte ich. Die Wombi nickte. "Das", sagte ich, "das ist die Straße. Dort kehren die Straßenkehrer. Das vor dem Zaun ist unser Vorgarten. Da kommt der Straßenkehrer nicht hin, weil dazwischen die Gartentür ist, zu der nur wir einen Schlüssel haben."

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"Ich sage es jetzt zum allerallerletzten Mal! Storys aus dem fast perfekten Alltag einer Mutter", von Christiane Tauzher, Goldegg Verlag, 14,95 Euro

Als die Wombi vorschlug, sich einen Sessel an den Zaun zu stellen, um zu warten bis ein Straßenkehrer vorbeikam, um ihn hereinzulassen, jagte ich sie aus dem Haus und drückte ihr den Rechen in die Hände. Die Wombi klagte, noch bevor der erste Haufen fertig war, über Knie-, Rücken- und Gelenkschmerzen. Drei Haufen brachte sie zustande. Dann brach sie fast zusammen und schleppte sich zurück in den Keller. In dem Moment kam ein Wind auf und blies die Blätter wieder in alle Richtungen. "Ich habe doch gesagt, dass du die Blätter in die Tonne tun sollst", sagte ich. "Hast du gar nicht", schimpfte die Wombi.  "Doch, das habe ich", versicherte ich ihr. "Und woher soll ich wissen, wie das geht?", fragte mich die Wombi. "Du willst wissen, wie man Blätter in eine Tonne befördert?", sagte ich. "Nein", antwortete mir die Wombi, "ich will es überhaupt nicht wissen. Aber du willst, dass ich es weiß, obwohl du weißt, dass ich es nicht wissen kann." Mir brummte der Kopf.

Das Hündchen tänzelte. Ich befüllte sein Schälchen und wünschte der Wombi eine gute Nacht – es war 17 Uhr. Dann machte ich mich ans Rechen. Die Wombi sah ich an diesem Tag nicht mehr. Was ich allerdings noch lange hörte, war das hämische Lachen ihrer Geiselnehmer.

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