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C. Tauzher: Die Pubertäterin Protokoll aus der Corona-Einzelhaft einer Teenagerin

C. Tauzher: Die Pubertäterin: Protokoll aus der Corona-Einzelhaft einer Teenagerin
Die schlafende Teenagerin zu wecken, ist eine schwierige Aufgabe, weiß Christiane Tauzher. In der Quarantäne, wenn die Nerven blank liegen, ist das morgendliche Wecken ein besonders bizarrer Vorgang. Ein Protokoll. 

Ich: „Guten Morgen, bitte steh auf, es ist schon 8.45 Uhr und du...“

Die Wombi: „Warum bist du immer so gemein. Niemand steht so früh auf. Es ist Corona. Lass mich in Ruhe!“

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"Ich sage es jetzt zum allerallerletzten Mal! Storys aus dem fast perfekten Alltag einer Mutter", von Christiane Tauzher, Goldegg Verlag, 14,95 Euro

„Du hast mir doch gesagt, dass ich....“

„Nie hörst du mir zu. Aus meiner Klasse dürfen alle solange schlafen wie sie wollen.“

„Das kann ich mir nicht vorstellen. Ich....“

„Kommt jetzt eine Weisheit von der Nonni ... das halte ich nicht aus. Bitte lass es einfach.“

Zieht sich Bettdecke über den Kopf. Kleiner Hund am Fußende des Bettes beginnt zu piepsen.

„Hör auf damit! Wenn du raus musst, dann geh raus!“

Hündchen legt die Ohren an und duckt sich flach in die Matratze. Um hinauszukönnen, müsste es sich einen Stuhl aus der Küche zur Eingangstür schieben, sich mit ganzer Kraft auf die Klinke fallen lassen und dann mit dem Pfötchen die Tür aufhalten, um hinausschlüpfen zu können.

„Wieso hast du ihm nicht beigebracht auf ein Katzenklo zu gehen?“

„Weil er ein Hund ist! Steh jetzt bitte auf!“

Keine Reaktion. Ich öffne dem Hündchen die Tür in den Garten. Es flitzt hinaus.

„Was ich dir vorhin noch sagen wollte...“

„Kommt jetzt der Spruch von der Nonni? Bitte nicht. Neiiiiiiiiiin!“

„Welchen meinst Du? Den mit den Jägern? Auf, auf ihr Hasen, hört ihr nicht den Jäger...?“

„Haha, sehr lustig. Ich lach’ mich kaputt.“

„Ich habe noch einen besseren: ‚Zuerst die Arbeit, dann das Vergnügen’. Einer von Nonnis Lieblingssprüchen.“

„Kannst du mich nicht einfach ignorieren? Tu so, als würde es mein Zimmer gar nicht geben.“

„Machen das die Eltern deiner Klassenkollegen auch so?“

Christiane Tauzher: Die Pubertäterin

Seit die Pubertät unsere Tochter, die Wombi, kurz nach ihrem 13. Geburtstag in ihre Gewalt bekommen hat, halten wir die Fenster geschlossen, damit die Nachbarn nicht die Polizei rufen. Die Pubertäterin ist laut und unberechenbar, wenn sie nicht gerade wie ein Wombat schläft oder isst – was sie zum Glück oft tut.

Die Geschichten, die ich – Journalistin, 41, aus Wien, verheiratet mit Olaf, 46 – hier erzähle, handeln natürlich nicht von der Pubertäterin in meiner Familie. Nein. Sie entspringen meiner blühenden Fantasie oder stammen aus anderen Familien. Dort geht es nämlich arg zu – in den anderen Familien ...

„Ja, alle machen das so. Nur du quälst mich! Ich will das alles nicht mehr.“

„Was genau willst du nicht mehr?“

„Alles! Das! Hier!“

„Okay, ich verstehe dich. Ich würde an deiner Stelle jetzt aber aufstehen. Es ist gleich 9.15 Uhr und du wolltest....

Schlägt die Bettdecke zurück und funkelt mich an.

„Was genau wollte ich?“

„Naja, also du wolltest dir vor dem Video-Unterricht noch die Haare waschen und hast mich gebeten dich früher zu wecken und jetzt....“

„Was? Heute ist Donnerstag? Wieso sagst du das nicht gleich. Mist, Mist, Mist! Das geht sich jetzt alles nicht mehr aus mit Fönen und Schminken und Anziehen. Es ist deine Schuld. Warum hast du mich nicht aufgeweckt?

„Aber ich ...“

„Vergiss es einfach. Du bist echt nur gemein.“

Corona, Tag 46. Ende.

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